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ELO Sideline #3: Kelly Groucutt – Kelly (1982/1983)
„The iceman came to me tonight …“ singt Jeff Lynne im neuen ELO-Song Latitude 88 North. Offensichtlich eine frostige Angelegenheit (übrigens: die Verzögerungen bei der ftmusic-Seite in Sachen Vorbestellung hängen damit zusammen, dass Rob das Beste für die Fans herausholen will. Bald dürfte es aber losgehen …). Ein frostiges Verhältnis hat sich auch zwischen Jeff Lynne und dem ehemaligen ELO-Bassisten Kelly G. nach dessen Ausstieg bei ELO entwickelt. WAs uns nicht davon abhalten soll, mal einen BLick auf Kellys einziges echtes Soloalbum zu werfen, welches noch zu ELO-Zeiten entstand.
1. Allgemeine Albuminformationen
– Plattenfirma/Katalognummer: RCA LP 3063/PL 31610 (1982) bzw. Riva Records (RVL 7502) (1983)
– Erstveröffentlichung: März 1982
– Produzent: Kelly Groucutt
– Engineered by: Llew Horowitz
– alle Songs geschrieben von Kelly Groucutt
– Locations:
54 East Sound Recorders Pasadena, California (Aufnahme)
Old Smithy Studios, Worcester, England (Aufnahme/Abmischung)
RCA Recording Studios, Rom (Abmischung)
Artisan Sound Recorders Hollywood, California (Mastering)
C.B.S. Recording Studios N.Y. (Mastering)
2001 verkaufte Kelly über seine homepage www.kellygroucutt.com eine (unbefriedigend) remasterte CD-Version, die eine Kombination der beiden Originalalbumversiionen darstellte, plus Bonustracks.
2. Entstehung und Mitwirkende
Erst allmählich wuchs in Kelly der Wunsch, eigene Stücke zu schreiben. Zunächst fing er damit spaßeshalber an, doch etwa zu Zeiten von „Out Of The Blue“ ging er es ernsthafter an. Da Jeff Lynne ganz offensichtlich keine Unterstützung beim Songwriting wünschte bzw. benötigte, suchte Kelly natürlicherweise nach einem Weg, seine Musik zu Gehör zu bringen, woraus sich dieses Projekt als Sideline Projekt neben seiner Arbeit mit ELO ergab. 1979 begann Kelly mit den Aufnahmen, zumal sich im ELO-Terminkalender eine Lücke auftat, da die Band sich eine Tour-Auszeit gegönnt hatte. Zwischen Mai und Juni 1981 wurden die Aufnahmen abgeschlossen, mit der Veröffentlichung aber noch bis Anfang 1982 gewartet, da Jeff 1981 auch ein neues ELO-Album am Start hatte. Bei der Europatournee 1982 ergab sich dann die Möglichkeit für Kelly, sein eigenes Album zu promoten.
Kelly sang auf dem Album alle Parts ein und spielte neben dem Bass auch alle Gitarren und einige Keyboards. Außer Jeff Lynne unterstützte ihn ferner die komplette ELO-Mannschaft: Bev Bevan am Schlagzeug, Richard Tandy an den Keyboards. Mik Kaminski spielte hier und da Geige, und Louis Clark (der übrigens auf dem Time-Album nicht vertreten ist) zeichnete für die Streicherarrangements verantwortlich und dirigierte das Royal Philharmonic Orchestra.
1982 begann Kelly mit Aufnahmen zu einem zweiten Soloalbum in den Regents Park Studios, doch seine neue Plattenfirma wollte lieber das erste Album mit einigen Änderungen gegenüber der 82er-Version und einigen der neuen Songs anstelle schwächerer Songs des Originalalbums veröffentlichen.
2. Konzept und Klangbild
„Die Musik, die ELO spielen, ist die Art von Musik, die ich mag, und genau dies ist es, was ich auf mein eigenes Album gepackt habe“ (Kelly in einem zeitgenössischen Interview).
Wenn ein Musiker einer berühmten Band ein Soloprojekt in Angriff nimmt, so hat dies häufig den Grund, dass er Musik machen will, die sich mit dem Bandkonzept nicht verträgt. Oder aber, er kommt als Songschreiber nicht zum Zuge. Letzteres war bei Kelly das entscheidende Motiv. Schon ein Blick auf die MItwirkenden legt nahe, dass Kellys Album in Sachen Sound dem von ELO nicht unähnlich ist. Orchestrierungen, Keyboarschnörkel, Harmonien, Discoanleihen – das war genau die Art von Popmusik, die ELO etwa um 1980 produzierte. Vielleicht nicht ganz so üppig. (Wobei ELO und Jeff Lynne 1981 schon wieder einen Schritt weiter waren).
3. Die Songs
1. Am I A Dreamer
2. Oh, Little Darling
3. Dear Mama
4. Black Hearted Woman
5. Midnight Train
6. Can’t Stand The Morning
7. Anything goes with me
8. Old Rock ’n‘ Roller
9. Don’t Wanna Hear That Song Again
10. Sea Of Dreams
11. You Don’t Need To Hold Me Tight
12. You’ve Been Telling Lies
Letztere beiden Songs ersetzten auf der 83er-Version Can’t Stand The Morning und Black Hearted Woman. Auf der CD-Version findet man alle Stücke plus eine weitere B-Seite und ein Remix von Am I A Dreamer.
Für wen ist nun dieses Album? Meine persönliche Meinung ist, dass es schon eher was für den ELO-Fan ist. Wer ELO liebt, wird an einigen der Stücke große Freude haben. Am I A Dreamer ist ein absolut tolles Stück, dass in Qualität durchaus an Jeff Lynnes Songs herankommt. Auch Sea Of Dreams ist im Prinzip ein tolles Stück. Nur hätte Kelly genauer aufpassen müssen, wie Jeff Lynne Vocoder Sounds in den ELO-Sound integriert, denn das ist ihm eher misslungen. Die anderen Stücke haben großteils durchaus ihren Reiz, hören sich aber eher wie B-Seiten an. Außerdem erscheint Jeff Lynne gegenüber Kelly Groucutt geradezu als meisterhafter Texter.
„Kelly“ ist im Prinzip ein ELO-Album ohne Jeff Lynne. Es zeigt, dass die anderen durchaus fähige Musiker sind, die den ELO-Sound vernnerlicht haben, aber zugleich zeigt es, dass Jeff den entscheidenden Qualitätsunterschied in Sachen ELO-Sound ausmacht.
4. Kellys weitere Entwicklung
Es folgten noch die Solo-EP We Love Animals und eine weitere Solosingle unter dem Pseudonym Player, ehe Kelly einsah, dass es mit der großen Solokarriere nichts mehr werden würde. Nachdem Jeff 1986 mehr oder weniger mit ELO Schluss gemacht hatte, erkannte Groucutt als einer der ersten, dass die ELO-Fans nach ELO-Live-Musik ächzten. Nicht zuletzt daraus entstand das Projekt ORKESTRA (welches ein andermal im Mittelpunkt stehen soll), welches auch eigenes Material veröffentlichte. In den Neunziger-Jahren nahm dann Kelly das Angebot von ELO Part Two an und verscherzte es sich damit wohl endgültig mit Jeff Lynne. Er ist immer noch Mitglied von The Orchestra (mit C), dem Nachfolgeprojekt von ELO Part Two.
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