Re: Gibt es eine Geschmackspolizei?

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pelo_ponnes

Registriert seit: 13.04.2004

Beiträge: 2,811

Ich denke, es ist von Typ zu Typ unterschiedlich, wie stark man sich von der Meinung anderer beeinflussen lässt. Jeder wird in irgendeiner Art beeinflusst, aber es gibt doch Unterschiede, die auch mit dem persönlichen Selbstbild und Selbstbewusstsein zusammenhängen.

Um für mich persönlich zu sprechen: bei mir war es schon immer so, dass ich nie der Cliquentyp war, der irgendwas macht, um „dazuzugehören“. Ich habe ein gesundes Selbstbewusstsein und weiss in der Regel, was ich will. Wenn ich von was überzeugt bin, präsentiere ich es mit Stolz. Und wenn die anderen lachen, na dann sollen sie halt lachen. Ich versuche mir somit immer, selbst ein Bild zu machen, und eine Komponente dazu ist die Kritikermeinung. Wenn ich in verschiedenen Magazinen lese, dass eine Platte gut ist, kaufe ich sie mir nicht gleich, aber ich höre mir im Plattenladen dann vielleicht eher die Platte mal an. Andererseits ist auch eine extrem negative Kritik oft Anlass, mal in die Platte reinzuhören. Die Kritikermeinung ist also schon wichtig für mich als eine Art Mosaiksteinchen, um mir dann selbst ein Gesamtbild zu machen (wobei mir es generell lieber ist, wenn mehr die Art der Musik beschrieben wird als nur verrrissen oder gehypt). Manchmal merkt man auch richtig, dass ein Kritiker die Platte sich kaum angehört hat oder dass er einfach schreibt, was er schreiben muss, weil er ja ein „cooler“ Musikkritiker ist. Für mich allerdings ist der cool, der zu dem steht, was er empfindet.

Was andere betrifft, kann ich natürlich nur meine subjektiven Eindrücke schildern. Ich habe schon das Gefühl, dass viele Mitläufer sind und sich nicht trauen, gegen die gängige Meinung anzugehen. Jeder kennt sie doch, die Typen, die eine offizielle Plattensammlung haben, bestückt mit dem, was halt so angesagt ist (bzw. bei Musikfreaks: was die sog. Rock Intelligentia für gut befindet) und dann einige Platten irgendwo verschämt versteckt haben. Dieser ganze Quatsch a la „Guilty Pleasure“. Ich finde es schade, dass manche Leute sich nicht trauen, zu sich selbst zu stehen. Das ist eine Frage des Selbstvertrauens. In meinem Freundeskreis gibt es auch solche Leute. Mich macht das manchmal ganz „wild“, wenn ich sehe, dass jemand, der eigentlich eine tolle Persönlichkeit ist, die ganze Zeit nur mit der Frage beschäftigt ist, wie er auf andere wirkt und sich für sich selbst – ja fast- schämt. Sicher ist Selbstvertrauen auch eine Frage des Charakters. Doch kann man aber zumindest bis zu einem gewissen Grade daran arbeiten. Leute, traut Euch!

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