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Herr Rossi
Prince ist schon ein besonderes Beispiel dafür, dass Pop Mainstream und cutting edge zugleich sein kann. Ein Track wie „When Doves Cry“ als weltweiter Nr. 1-Hit, darüber kann man immer noch staunen, den das erste Mal zu hören war so ein „Was war das jetzt“-Moment, den man nicht vergisst. Ich habe es genauso erlebt wie Friedrich, von 1984 bis 1987 war Prince allgegenwärtig und einem dabei doch immer zehn Schritte voraus. Mit „Lovesexy“ war dieses Gefühl des Besonderen aber auf einmal weg. Er konnte immer noch großartig sein, aber da war das Gefühl, eigentlich alles schon von ihm gesehen und gehört zu haben. Bis Mitte der 90er habe ich seine Veröffentlichungen noch verfolgt, dann verschwand er völlig von meinem Radar, da gab es so viel anderes, was die Aufmerksamkeit auf sich zog. (Gerecht war das sicher nicht …)
Ich bin, beeinflusst durch meinen dreieinhalb Jahre älteren Bruder, sowas wie ein Prince Fan der ersten Stunde. Mein großer Bruder hörte schon zu Beginn der Achtziger regelmäßig Ruth Rockenschaubs monothematische Radiosendung „Soul Train“, einmal im Monat (oder der Woche?) auf NDR 2, zeichnete diese auf und kaufte sich daraufhin viele Seiner Platten. Anfang ’83 kaufte er „1999“ die um einige Tracks gestraffte 1LP-Variante (das Taschengeld gab die Doppel-LP nicht her). Die lief bei meinem Bruder rauf und runter, nachmittags wurde im Grunde das ganze Haus damit beschallt. Den kannte damals in Deutschland noch niemand, ein Jahr später im Sommer kam dann „Purple Rain“, die wurde gleich ein Hit, „When Doves Cry“ lief abends im NDR2 „Club“ oder nachmittags bei „Musik für junge Leute“ im Radio auf Heavy Rotation. Das war ja sooo geil. Keine Rockmusik, kein Punk, aber trotzdem shocking und die Eltern und viele aus der Klasse fanden’s Scheiße. Mann, war das cool. Die geilen Klamotten, die Musik, die Texte (bei denen die Eltern zum Glück nicht genau hingehört haben). Wow!
Prince war von da an bei mir und einigen meiner Freunde der absolute Held. Anders als heute konnte man damals aber nicht in den Klamottenladen gehen und sich so anziehen wie der Lieblingsstar. Solche Klamotten wie Prince sie hatte gab es nirgends und wenn, dann höchstens in der Damenabteilung. Genau wie die Bowie Hater sagten einem auch die Prince Hater, der sei ja schwul. Ich hab‘ das nie verstanden, also weder, was an ihm schwul gewesen sein soll und noch, was daran hätte schlimm sein sollen . Meine Mom stand auf die Roxy Musik und Stones, Jagger fand sie cool und auf einer Platte von den Stones hatten alle Frauenklamotten an und waren geschminkt. So what?
Wie auch immer. Spätestens seit „Purpe Rain“ war ich absoluter Prince Fan. Kaufte seine Platten am Erscheinungstag und telefonierte nach Erscheinen endlos mit zwei anderen Prince-Fans, um die neuen Meisterwerke zu sezieren. Verglichen haben wir eigentlich immer mit den Beatles, weil Prince genau wie Fabs jedes Jahr ein neues Album rausbrachte und dieses jedes Mal total anders klang als das vorherige. Mindestens bis „Batman“, also die gesamten 80er, hat Prince sich bei jedem neuen Album neu erfunden, den Hörer neu herausgefordert und neue Soundwelten präsentiert. Sensationell daran war, dass Prince live diesen Weg genauso gegangen ist: jede Tour präsentierte seine Songs in dem zu der Zeit aktuellen Prince-Soundideal. Bis „Emancipation“ (also bis ’96) ist Prince für mein Empfinden diesen Weg auch weitergegangen, hat weiterhin herausragende Singles und Alben veröffentlicht , alles in einer konstant atemberaubenden Frequenz. Aber bei „Emancipation“ kam ich das erste Mal ins schlingern. Nicht, weil das Album schlecht war, es war einfach zuviel. Drei Stunden neue Musik auf einen Schlag, uff, da kam ich nicht mehr so gut hinterher und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass die Dichte des Materials etwas nachgelassen hat. Aber bis dahin galt Prince bei mir als absolut unfehlbar.
Das Gute: Prince hat weiterhin gute und großartige Alben veröffentlicht. „The Truth“, „The Rainbow Children“, die Veröffentlichungen über den NPG-Music Club, etc.
Jetzt hab‘ ich soviel geschwafelt und wollte eigentlich nur eines sagen: NIEMALS war auf „Lovesexy“ die Magie auf einmal weg, im Gegenteil, „Lovesexy“ war schon bei Erscheinen grandios und ist es bis heute. Unbedingt nochmal auflegen, Signore!
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How does it feel to be one of the beautiful people?