Green Day in Offenbach

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    ford-prefect
    Feeling all right in the noise and the light

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    Nach knapp 10 Jahren gastierten Green Day vorgestern erneut in der Offenbacher Stadthalle. Im September 1995 gab das Punk-Trio aus Berkeley/USA schon mal in dieser Halle ein Konzert. Das war noch zu Dookie-Zeiten.

    Im Vorprogramm hatten sie vorgestern in der ausverkauften Stadthalle New Found Glory dabei, die rund 35 Minuten gespielt haben. Netter Pop-Punk, der Sänger von New Found Glory ist zwischendrin auch mal ins Publikum gesprungen. Dann war Umbaupause für Green Day, in der ein scheinbar betrunkener Typ im rosa Hasen-Kostüm zum Song „YMCA“ von Village People tanzend und mit Bierflasche in der Hand das Publikum bei Laune hielt.

    Um 21:10 Uhr kamen schließlich Green Day unter tosendem Applaus und dem Intro „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss (aus 2001 – A Space Odyssey) ins Scheinwerferlicht, sie eröffneten mit dem Titelsong ihrer aktuellen Platte, dem Opener „American Idiot“. Und gleich in der ersten Minute riss Billie Joe Armstrong eine Saite auf der Gitarre, so dass er sie schnell auswechseln musste. Die Band hatte zur Unterstützung einen Keyboarder, ein Bläser-Duo mit Trompete und Saxophon/Posaune und einen zweiten Gitarristen dabei. Vorne in der ersten Reihe wurde gepogt und gedrängelt, es herrschten Sauna-Temperaturen. Erste Crowd-Surfer schoben sich über die Köpfe Richtung Bühnengraben, wodurch meine Brille demoliert wurde (zahlt das die Krankenkasse? ^^). Während dem Konzert holten Green Day drei Jugendliche aus dem Publikum auf die Bühne, die an Gitarre, Bass und Schlagzeug ein kurzes Intermezzo spielen durften. Am Ende schenkte Sänger Billie Joe dem Burschen aus dem Publikum seine schwarze E-Gitarre („This guitar is now yours!“). An anderer Stelle holte Billie einen weiteren Jugendlichen nach oben, um mit ihm das Publikum mit Wasserpistolen nass zu spritzen. Green Day haben einen bunten Querschnitt ihrer sämtlichen Alben gespielt, darunter auch die Hits Basket Case, When I Come Around, Longview, She, Brain Stew/Jaded, Hitchin' A Ride, Minority und King For A Day. Für manche Lieder griff Billie auf seine legendäre türkisfarbene, vergammelte Kult-Fender mit den roten Initialen „BJ“ zurück. Bei „King For A Day“ verkleideten sich Billie Joe, Mike Dirnt und Tré Cool. Billie Joe setzte sich eine Krone auf und hing sich einen roten Kaiser-Mantel um. Kleine Freddie Mercury/James Brown-Persiflage. Am witzigsten fand ich Tré Cools Verkleidung, der saß mit großem rosa Damenhut und Federboa hinterm Schlagzeug. Etwas unschön fand ich das leicht aggressive Verhalten von Billie Joe gegen einen seiner Roadies, der ihm während einem Song ein Handtuch zum Schweißabtrocknen reichen wollte, das ihm Billie aber zornig aus der Hand schlug. Richtig klasse war die Nummer „Boulevard Of Broken Dreams“, eine tolle Hymne auf die Verzweiflung und der melancholischen Zukunftsangst. Einmal ist der Green Day-Sänger auch kurz ins Publikum gesprungen.

    Die Song-Auswahl war vom Spannungsaufbau und der Dramaturgie her sehr gelungen, vermisst habe ich allerdings Warning, Stuck With Me und Geek Stink Breath. Dafür coverte das Trio diesen 60ies-Beat-Song „Shout“. Und in der Zugabe „We Are The Champions“ von Queen, in der ein bunter Konfetti-Regen auf das Publikum geschossen wurde. Den Abschluss markierte der Song Good Riddance (Time Of Your Life), den Billie Joe ganz alleine an einer akustisch gestimmten E-Gitarre vorne am Bühnenrand im gleißenden Lichtkegel intonierte („It's something unpredictable, but in the end is right, I hope you had the time of your life!“). Das Konzert ging rund 1 Stunde 40 Minuten, inklusive Zugabe.

    Objektiv gesehen war das definitiv eine der besten Rock-Shows, die ich bisher gesehen habe. Und bei einem Eintrittspreis von 23 Euro stimmte auch das Preis-Leistungsverhältnis.

    (Bilder folgen…)

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    #2573981  | PERMALINK

    dr-music

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    Originally posted by Ford Prefect@16 Jan 2005, 16:21
    1. Das Konzert ging rund 1 Stunde 40 Minuten, inklusive Zugabe.
    2. Und bei einem Eintrittspreis von 23 Euro stimmte auch das Preis-Leistungsverhältnis.

    Habe ich mit Interesse gelesen.

    1. Für Punker mehr als ordentlich. Da könnte sich A. G. mal was abschneiden.

    2. Ein sehr günstiger, sozialer Preis heutzutage.

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    #2573983  | PERMALINK

    dengel

    Registriert seit: 08.07.2002

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    Originally posted by dr.music@16 Jan 2005, 19:31
    1. Für Punker mehr als ordentlich. Da könnte sich A. G. mal .

    laut taz war das konzert in berlin kein punk, und wenn ich den bericht von ford richtig verstanden habe in offenbach auch nicht.
    sondern nur eine gute inszenierte rockshow, wogegen ich nichts habe.

    --

    #2573985  | PERMALINK

    ford-prefect
    Feeling all right in the noise and the light

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 10,358

    Originally posted by dengel@16 Jan 2005, 17:57
    laut taz war das konzert in berlin kein punk, und wenn ich den bericht von ford richtig verstanden habe in offenbach auch nicht.
    sondern nur eine gute inszenierte rockshow, wogegen ich nichts habe.

    Kannst du mir den taz-Bericht über das Berlin-Konzert von Green Day irgendwie zukommen lassen? Würd mir den gern mal anschauen.

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    #2573987  | PERMALINK

    e-l

    Registriert seit: 25.05.2004

    Beiträge: 10,250

    Originally posted by Ford Prefect@16 Jan 2005, 22:09
    Kannst du mir den taz-Bericht über das Berlin-Konzert von Green Day irgendwie zukommen lassen? Würd mir den gern mal anschauen.

    Auch am Samstag in Böblingen war das Konzert, wie mir mein Bruder berichtete, genauso super. Hier die Berichte aus der Zeitung:


    Stuttgarter Zeitung 17.01.2005 Seite  9 66 Zeilen KULT
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    Mit Herz und Handgranate

    Das Konzert von Green Day

    Von Ulrich Bauer

    Punk war tot und stand wieder auf. Dann aber war Punk wirklich mausetot. Doch bald schon war Punk abermals da, nur um gleich wieder k. o. zu gehen und flugs im Müllkübel zu verschwinden, dessen Deckel natürlich sofort wieder gesprengt war. So geht das seit Ende der siebziger Jahre. Doch ist Punk noch Punk? Von der ursprünglichen Idee, wenn es die überhaupt gab, sind nur noch Spurenelemente vorhanden. Punk riecht komisch und ist ein Zitat geworden, eine Spielweise des Rock, die auf der Spielwiese des Pop für eine weitere musikalische Farbe sorgt.

    Die amerikanische Band Green Day hat das schon vor gut zehn Jahren begriffen und in ihrem millionenfach verkauften Album „Dookie“ umgesetzt: Als Mainstream für die Massen, gute Laune zum Mitgrölen, Rebellion als kindische Pose. So geht das in der Popmusik. Für die, die jetzt in der ausverkauften Böblinger Sporthalle die drei forschen Kalifornier feiern, sind sie Altvordere in einer Traditionskapelle, die mit ihrem aktuellen Album „American Idiot“ jetzt wieder ganz groß da und nun sogar für gleich sechs Grammys nominiert ist.

    „American Idiot“ ist eine Art Konzeptalbum und will ein zynischer Rundumschlag gegen die amerikanische Gesellschaft sein: eine schmuck als Herz gestaltete Handgranate ziert das Albumäußere und dient auch der Live-Show als durchgehendes Markenzeichen. Rabum! Gewaltig haben die Granaten auf der Bühne gezündet und sind die Stichflammen in die Höhe gezischt. In der Show mögen noch die am Halleneingang rührend empfohlenen Ohrstöpsel schützen. Was hilft in der Realität? Perfekt inszeniert läuft das Konzert ab: Mike Dirnt und Tré Cool sind ein durchaus gewitztes Rhythmusgespann. Billie Joe Armstrong ist der gut angezogene Frontmann, bei dem jede kleine Geste sitzt. Ein Quirl in schwarzem Hemd, ein Rumpelstilz mit rotem Schlips ist er, der das Publikum nach Belieben dirigiert und ihm diktiert: Ein Fingerzeig nach rechts, einer nach links, und schon grölt das Publikum in der Böblinger Sporthalle um die Wette. Mit der Wasserspritzpistole hält er in die Menge, aus der jemand hervorspringt, der nun mit einer weiteren Wasserpumpgun auf das Publikum halten darf.

    Die Songs des neuen Albums sind nicht gerade schlecht und strotzen vor hitverdächtigen Melodien. Alte Gassenhauer wie „Basket Cake“ zünden musikalisch. Doch das Musikalische scheint Nebensache. Der beste Einfall ist jener: drei Fans aus dem Publikum dürfen auf der Bühne Bass, Schlagzeug und Gitarre spielen, während die drei von Green Day zuschauen. Austauschbar sind sie, der Augenblick offenbart's. Der Augenblick?

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    © 2005 Stuttgarter Zeitung
    Stuttgarter Nachrichten 17.01.2005 Seite  12 52 Zeilen KUMA
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    Green Day zu Gast in Böblingen

    Armstrong sucht den Superpunk

    „This Is My House Now“, ruft Green Days Sänger und Gitarrist Billie Joe Armstrong in die ausverkaufte Böblinger Sporthalle. Um das gleich mal im Punkkontext stehen zu lassen: eine (genehmigte) Hausbesetzung im großen Stil, sozusagen. Von gestandenen Punks gerne verschmäht und – das muss auch mal gesagt werden – zu Unrecht als „Kindermusik“ abgeheftet, können sich am Samstagabend vorwiegend junge Leute schon fast hysterisch auf die kalifornische Punkband einigen.

    Mehr Menschen hätten nur reingepasst, wenn man das Dach abmontiert hätte. Das wollte aber niemand, draußen war's schließlich saukalt. Billie Joe Armstrong, Tré Cool, Mike Dirnt plus Hilfsmusiker lassen nichts anbrennen. In bester Spiellaune gibt's Gassenhauer wie „Longview“, „Basket Case“, „American Idiot“, „Knowledge“ und auch ein paar belangfreie Liedchen. Und sicher, wer Armstrong & Co. nicht mögen möchte, findet jederzeit tausend Gründe, dies in die Tat umzusetzen. Wollte aber niemand. Denn mit entwaffnendem Charme feiern die Kalifornier ein Punkrockfest, bei dem jeder mitmacht. Es ist ja Samstagabend. Da wird schon mal ein Auge zugedrückt.

    Green Day sind gepflegtes Entertainment für zwischendurch – so ähnlich wie ein „Calvin & Hobbes“-Comic oder ein Film mit Bruce Willis. Armstrong gibt den Entertainer. Die vermutlich kürzesten Beine des Punkrocks laufen viel an diesem Abend. Das Rumpelstilzchen mit dem roten Schlips ist agil, guckt entrückt, zettelt Südkurven-Gegröle an und reißt manierliche Witzchen. Zwischendrin holen sich Green Day drei Fans auf die Bühne, die sie an die Instrumente bitten.

    Armstrong sucht den Superpunk, quasi. Dass er auch ein wahres Goldkehlchen ist, gerät da leicht in Vergessenheit. Zwischen Konzeptkunst und Schnapsidee gibt's den Queen-Partykracher „We Are The Champions“ mit Konfettikanone und noch das hinreißende „Time Of Your Life“. Nach 100 Minuten ist Schluss und die vergnügliche Hausbesetzung vorüber.

    Michael Setzer

    Goldkehlchen: B. J. Armstrong Foto: dpa

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    © 2005 Stuttgarter Nachrichten

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    Man braucht nur ein klein bisschen Glück, dann beginnt alles wieder von vorn.
    #2573989  | PERMALINK

    ford-prefect
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    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 10,358

    Hier noch ein paar visuelle Impressionen vom letzten Freitag:

    http://homepages.compuserve.de/MarHo239/gr…ery/images.html

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