Re: Der "Tatort"

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themagneticfield

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MinosPrinzipiell habe ich nichts dagegen, wenn auch etwas zum Privatleben von Ermittlern in Krimis bekannt wird. Ein vollkommen „steriler“ Oberinspektor Derrick, über dessen Privatleben man auch nach dwölfhundert Folgen ;-) so gut wie nichts erfährt, ist auch nicht grade mein Ideal.
Solange es nicht (hauptsächlich) Bettszenen sind, die wohl aus reiner Effekthascherei im Drehbuch stehen (z. B. bei diesem halbglatzigen Ermittler mit kurzen Haaren im ZDF), ist das für mich OK. Aber auch nur, wenn das Privatleben nebenher läuft und nicht zu breiten Raum einnimmt und im Extremfall die ohnehin beklemmende Atmosphäre weiter verdüstert (so dass man danach fast geneigt ist, sich die Pulsadern aufzuschneiden). Bei den Tatorten aus Dortmund (ich schäme mich übrigens, dass so ein Mist aus meiner Heimatstadt gesendet wird!) stehen die Probleme der Ermittler leider meist im Vordergrund, der Fall selbst ist – vor allem in der letzten Folge – Nebensache. Ein Kommissar, der den tragischen Verlust seiner Familie – verständlicherweise – nicht überwunden hat, des öfteren deshalb ausrastet und offenbar (zumindest latent) suizidgefährdet ist, wäre in der Realität vom Dienst suspendiert (zumindest bis sich sein Zustand bessert). Im Tatort kann er aber munter weiter ermitteln. Hinzu kommt, dass Fabers Probleme und auch die der anderen Ermittler (z. B. der mir von Anfang an unsympathischen Hauptkommissarin Bönisch) sich über alle bisherigen Folgen erstrecken. Guckt man irgendeinen Tatort aus Dortmund, erschließt sich einem daher nicht, weshalb die Hauptdarsteller Probleme haben. Genau so sollte es nicht sein! Das ist viel eher ein Merkmal von Seifenopern wie Dallas oder der Lindenstraße, bei denen am Ende – wie in der vorletzten Folge des dortmunder Tatorts – noch mal Spannung aufgebaut wird (Dienstaufsichtsbeschwerde), damit der Zuschauer beim nächsten Mal wieder einschaltet. Eine Tatortfolge sollte in sich geschlossen sein! Fall gelöst und eventuelle Probleme der Hauptdarsteller (vorerst) abgeschlossen.

Meiner bald 90-jährigen Mutter gefiel der letzte Tatort übrigens auch gar nicht und sie sagte sinngemäß etwas, dem ich nicht widersprechen konnte: „Balko war dagegen richtig gut!“ „Balko“ war eine Krimiserie, die ebenfalls in DO spielte, und in den 1990ern in RTL ausgestrahlt wurde. Zwar war das Drehbuch nicht immer ganz logisch, aber immerhin hatte die Serie (auch wenn ich jetzt gesteinigt werde ;-)) einen gewissen Charme, speziell als Jochen Horst noch die Hauptrolle spielte (Ludger Pistol war in seiner Rolle eh überragend!). (Eine Begründung dazu erfolgt erst, wenn massiver Widerspruch erfolgen sollte ;-))
Auch mir wäre – offen gestanden – ein (aus heutiger Sicht sicherlich etwas fades) Balko-Remake als dortmunder Tatort lieber, als der ganz überwiegende Mist (bis auf eine einigermaßen akzeptablen Folge), den man seit September 2012 als in DO spielenden Tatort (einige Aufnahmen wurden übrigens in Kön gedreht!) aufgetischt bekommt.

Warum sollte in Zeiten, in denen immer mehr Serien eben den serial Aspekt in den Vordergrund stellen, gerade der Tatort streng procedural bleiben. Das erschließt sich mir nicht. Ganz im Gegenteil gefallen mir Tatorte die neben dem eigentlich Fall, eine übergeordnete Handlung haben (siehe Berlin oder Dortmund) momentan deutlich besser.

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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!