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Anonym
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Wie gesagt, ja, ganz ulkig und als Stil-Experiment (Theatralik, Publikumsansprache, Erzählerfigur, Standbild-Effekte, intertextuelles Verweislabyrinth von Leone über Roche/Truffaut bis Shakespeare) originell, wenn auch heftig überladen und allzu holzhammerplakativ. Aber okay, unterhaltsam war’s absolut. Mich wundert hier nur der Superlativismus, „grandios“, „großes Kino“ und so weiter. Kann es sein, dass ich dieses Urteil nicht als ein absolutes, sondern als ein relatives zu verstehen habe („grandios“ nicht im Vergleich zu den Meisterwerken der Kinogeschichte, sondern „grandios“ im Vergleich zur üblichen Sonntagabend-Tatort-Biederkeit)?
Im übrigen: Selbst bei einer so entschlossen wild zusammenkonstruierten Story fände ich sowas wie Restglaubwürdigkeit nicht schädlich – muss sich eine Killermaschine, die in Drogenkriegen ganze Heere von Konkurrenten massakriert hat, unbedingt als derart schöne Seele wie aus der Epoche der Empfindsamkeit entpuppen, kaum dass sie in Wiesbaden angekommen ist? Dagegen sind Tarrantinos Filme nun wirklich subtile Charakterstudien und Muster an psychologischer Stimmigkeit.
Und der Hauptbösewicht – also echt, vor dem hat’s Euch geschaudert? Musstet Ihr nicht schmunzeln, wenn der selbst in einer Sergio-Leone-mäßigen Riesengroßaufnahme noch dramatisch chargierend die Augen zu Sehschlitzen verengte? Also, Henry Fonda wäre das nicht passiert. Und wenn er geredet hat, dann hatte er irgendwie doch nur das dämonische Niveau von, sagen wir, Wiesbaden.
Insgesamt: Viel gewollt, und Ambition ist immer sympathisch. Weilsteins „Humbug“-Verdikt ist aber auch nicht ganz falsch.
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