Re: TZ – does music belong in humor

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atahualpa

Registriert seit: 08.07.2002

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Hallo, hier einmal meine Eindrücke zu deinem Tape. Mal wieder ein Tape, leider, denn da habe ich nicht die Möglichkeit mir das Teil zu kopieren und bei den Sellers Stücken hat es mir besonders Leid getan. Aber einmal der Reihe nach, oder besser gesagt ein wenig nach Interpreten geordnet:

Peter Sellers –
She Loves You
A Hard Day’s Night
Help!
Can’t By Me Love

Herrlich, alle vier Beatles Interpretationen sind einfach umwerfend gut und, wie du so schön beschrieben hast mit dem Sellers-typischen Humor angereichert. Besser gesagt macht Sellers ja etwas ganz eigenes aus den Liedern. Akzentuierung, Tempo, alles stimmt hier einfach und bereitet großes Vergnügen. Und es ist ja auch mehr Rezitierkunst als Lieder. Ich muss zugeben, Sellers ist einer meiner Fav’s, was Comedians betrifft und es gibt nur sehr wenig von seinen Werken, welche ich nicht gut finde. Toll, ein Highlight und du hast auch noch schön jede Seite mit diesen Sellers Sachen einleiten und ausklingen lassen. Passend platziert.

Williams Fairey Band –
What Time Is Love

Das Stück ist für mich eigentlich sehr normal und auch nicht so sehr herausstechend, dass ich nicht nachvollzogen habe, warum du es auf einer Comedy/Raritäten Zusammenstellung getan hast. Bis ich dann die Linernotes gelesen habe. Aber ich muss zugeben dass ich das Original nicht kenne, natürlich weis ich beim Namen KLF in etwa, in welche Richtung das Original geht und kann dementsprechend den Witz des Covers hier erahnen. Aber weil ich das Original halt nicht kenne auch nur erahnen und weis daher nicht allzu viel mit dem Cover anzufangen.

Lester Bowie –
Beautiful People

Man, lange ist es her dass ich den Lester das letzte Mal aufgelegt habe. Nach dem Hörgenuss dieses Stückes habe ich mir fest vorgenommen endlich mal wieder etwas von ihm aus dem Plattenschrank zu kramen. Herrlich schräg, aber trotzdem immer noch mit einem für mich erkennbaren roten Faden versehen. Toll, wenn die Instrumente vermeintlich aus dem Ruder laufen und alles klingt wie ein wild gewordener Haufen bekiffter Jazzmusiker. Mag ich, genau die Art von „Freejazz“, die ich gerne verkonsumiere.

Yoshimi –
Tuna Power
Speaker

Etwas sehr schräges, aber auch sehr kurzes, so dass ich mir nicht so richtig eine Meinung bilden kann. Krach kann man immer sehr unterhaltsam rüberbringen, wenn es kurz ist. Die Schwierigkeit besteht meiner Meinung nach ein solches Stück auch dann noch interessant zu halten, wenn es länger wird. Dann entstehen bei nicht zu erkennenden Strukturen nämlich schnell ermüdende Passagen und man fragt sich was das Ganze soll. Und das hat Sonic Youth halt bei manchen Alben geschafft, eine schöne Balance geschaffen. Deshalb finde ich deine These „Sonic Youth in einer Minute erklärt“ nicht ganz treffend. Zumindest was Sternstunden wie Daydream Nation, Goo, aber auch Experimental Jet Set, Trash & No Star betrifft.

Liverpool Scene –
The Woo Woo
Bat Poem

Nett, das zweite Stück sogar schön, irgendwie. Und schöner britischer Humor, der da hervorlugt, wie du treffend bemerkt hast. Ist das Batman Theme nicht das Original von Link Wray? Klingt zumindest sehr danach.

Robert Wyatt –
I’m a Believer

Das ist sehr interessant. Als Neil Diamond Fan, oder sagen wir einmal besser „Gerne-Hörer“ kenne ich das Original sehr gut. Und Robert hat hier etwas ganz eigenes daraus gemacht, wobei man den Song trotzdem sehr gut wieder erkennt. Eine schwierige Sache, so haben Cover ihre Daseinsberechtigung. Kein reines Nachspielen, sondern die Umwandlung zu etwas eigenem, aus dem trotzdem das Original immer hervorlugt.

Alamaailman Vasarat –
Unikkotango
Asuntovelka

Hey, da klingt Tuxedomoon ähnliches durch, vermischt mit diversen anderen Sachen. Gefällt mir, ist eigentlich gar nicht einmal so skuril , aber hat etwas ganz Eigenes und ist somit eine eigene Welt. Wie, als wenn man Außerirdische bei einem Ball beobachten würde. Man weis die Situation einzuordnen und was da gerade passiert. Trotzdem ist alles irgendwie fremd.
Immerhin: Alleine die meisten Namen deiner Interpreten sind schon ein eigenes Kapitel und gehören auf eine Skurilitätenliste.
Stück Nummer zwei geht in eine andere Richtung, vereint aber ebenfalls genug seltsame Momente, hier und da muss ich ein wenig an John Zorn denken, auf jedemn Fall wieder „Lärm“ der interesante Art und Weise.

Rashan Roland Kirk –
Ain’t No Sunshine

Und wieder ein Cover der besonderen Art. Schön, auch hier wieder recht frei mit dem Original umgesprungen und besonders die Phasen, wo im Hintergrund neben der Panflöte (Oder ist das ein Sax?) die Orgel aufspielt finde ich sehr gelungen. Da kommt eine ganz bestimmte Atmosphäre in die Musik, die ich ein wenig geheimnisvoll und sogar mystisch finde. Außerdem runden die ethno-ähnlichen Zutaten das Stück sehr schön ab.

Pascal Comelade –
Honkey Tonk Woman
It’s All Over Now Baby Blue
Sunny Afternoon
Besame Mucho

Tja, die Idee ist ja gar nicht so neu, es gab schon einige Gruppen, die Cover oder auch eigene Stücke auf solchen Instrumenten einspielten. Aber es ist ja auch immer wieder sehr erfrischend und lustig, solche Evergreens in dieser Art und Weise interpretiert zu bekommen. Diese Stücke finde ich allerdings nicht so besonders gelungen. Alles wirkt mir zu zäh und der Witz, der bei solchen Covers aufkommen kann ist daher auch wenig zu erkennen. Ich glaube das liegt vor allem auch an den geringen Widererkennungswert der Stücke. Dieser muss nämlich schon vorhanden sein um die seltsame Note in den Stücken zu unterstreichen. Wenn man dreimal so genau hinhören muss um das Original heraus zu erkennen, dann ist das Kinderspielzeug oder die überholte Orgel sowie der Charme des Unperfekten oder Dilettantischen auch nicht mehr so witzig. Ausnahme: Sunny Afternoon.

Bobby Conn –
Without You

Das Cover hat auf jeden Fall seine Berechtigung um auf das Tape zu kommen. Das ist alles schon ziemlich schräg. Und hat einen ganz eigenen Charme. Das Original ist, wie schnulzig es auch immer sein mag schon ein Song mit großer Melodie, etwas, bei dem man sich schwelgerisch zurücklehnt und vielleicht auch gewisse Assoziationen zu seinen Beziehungen aufbaut, gewesenen oder auch die aktuelle. Das Cover hier ist etwas vollkommen anderes, entartet würde mir in den Sinn kommen, wenn das Wort nicht so überstrapaziert und in falschem (bösem) Zusammenhang genannt worden wäre. Trifft es aber, es ist der Zwilling zum Original, bei dem etwas ganz existentielles schief gegangen ist. Und daher auch verstörend wirken kann. Doch, gefällt.

Gil Scott-Heron –
Jaws

Schöne Stand Up Comedian Einlage. Anders als diverse Leutchen hier im TZ finde ich auch die Lacher im Publikum nicht störend, sie verstärken meiner Meinung nach sogar die Stimmung während des Live Auftrittes. Ich würde das gleiche im Studio eingespielte Stück ohne Live Atmosphäre nicht so gut finden.

Hat Spass gemacht, deine Zusammenstellung zu hören. Natürlich waren hin und wieder Stücke vorhanden, die mir nicht so zusagten, aber das ist vor allem bei dem Thema ganz normal, finde ich. Und man sollte da auch etwas anders bewerten als bei normalen Tauschzirkeln.
Was mir noch auffällt, vor allem wenn ich mir deine Linernotes so zu Gemüte führe, wir scheinen Musik schon durchaus anders wahrzunehmen, anders ausgedrückt auf andere Sachen zu achten. Vor allem bei deiner Beschreibung des Kirk Titels fiel mir das auf. Und das ist dann ja vor allem das Interessante an so einem TZ.

Grüße, Bernd

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