Re: Comics

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latho
No pretty face

Registriert seit: 04.05.2003

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lathoDer Comic-Salon in ER ist gestartet. Ich hab’s noch nicht geschafft, weill aber morgen hin. Ich schreibe mal einen kleinen Bericht, falls es interessiert …

So, um wenigstens das Versprehen mal einzuhalten:

Ennui in Erlangen
Der XII. Comic-Salon

Der zwölfte Salon für Erlangen, der zwölfte für mich. Und wie beim letzten Mal brauchte ich eineinhalb Tage um alles Notwendige gesehen zu haben – früher reichten vier Tage kaum aus.

Zu den Austellern:
Die Großen waren wie üblich da, waren aber mit unüblich kleinem Programm angereist. Keine „großen“ Programmpunkte, keine spektakulären Veröffentlichungen, bei Carlsen lag Desbergs/Marinis achter Skorpion-Band, den hatte ich schon eine Woche zuvor gekauft. eAber auch die kleineren Verlage hatten nichts Tolles im Angebot. Letztes Mal war das „Blankets“ von Speed, aber Speed ist pleite. Ehapa gibt seine frankobelgische Reihe auf, alle wehren sich mit Unmengen Manga-Veröffentlichungen gegen Newcomer wie Toykopop.
Dementsprechend gab es wenige Zeichner, die signierten, auffällig auch die eher geringe Prominenz, Jacques Tardi mal ausgenommen.
Angesichts der Manga-Schwemme scheinen frankobelgische Alben bei den Sammlern wieder gesuchter zu werden, den Eindruck hatte ich auf der am Samstag stattfindenen Börse (die wenigstens ist die alte geblieben). Meine Buddy-Longway-Reihe scheint locker über 200 € wert zu sein.

Zu den Austellungen:
In der Stadthalle, dem Hauptort wenig Überraschendes. Deutsche Zeichner, Kreitz etc. Immer wieder ein Beispiel für schlechte Comics. Oft kommt mir das so vor, als ob da Illustratoren sich gesagt hätten „Ach, ich mache jetzt mal auf Comics, kann ja nicht so schwer sein“. Und das sieht man. Zeichnerisch manchmal interessant, ansonsten nichts. Interessanter die Austellung zu deutschen Mangas. Ein hohes technisches Niveau, allerdings kenne ich da keine Bücher.
Ebenfalls interessant war die Austellung zu digitalen Medien in der Comic-Erstellung. Ich hätte nicht gedacht, dass der Photoshop inzwischen auch bei kleineren Verlagen und deren Künstlern Einzug gehalten hat. Die Austellung zu Plessix Wind in den Weiden war sehr ausgearbeitet, garantiert aus Angouleme übernommen.
Die Mattotti-Austellung war schön gemacht, allerdings nicht mein Ding. Es bleibt der Eindruck: pretty pretty pictures, boring comics.
Eine Überraschung gab’s doch: die Schau zur Zusammenarbeit von Loisel und Tripp bei ihrem Comic Magasin Général (kommt nächstes Jahr bei Carlsen aus „Das Nest“ heraus). Interessant Überzeichner Loisel mal nur als Penciller zu sehen, Tripp als Inker. Das gibt dem ganzen eine sehr ungewohnten Touch. Neben den eigentlichen Seiten (wohl alle aus Band 1) hingen Originale der beiden, unter anderen auch aus Loisels „Vogel der Zeit“ und „Peter Pan“ – die wollte ich ja schon immer mal sehen und war richtig glücklich. Ein Freund fragte mich, ob ich mich über Nacht im Austellungsraum einsperren lassen will.

Andere Veranstaltungen:
Habe ich wie üblich nicht mitbekommen. Die Diskussionsrunden fanden wie üblich unter Experten und Journalisten und anderen Kultur-Wichtigtuern statt. Dennis Scheck habe ich kurz gesehen wie er mit einem gelangweilt aussehendem Ralf König über die Mohammed-Karrikaturen sprach.

Fazit:
Mehr und mehr verlegen sich die Verlage auf Manga, veröffentlichen eine unglaubliche Menge an Titel (ich habe gehört zwischen 50 und 60 St/Monat) – das wirkt sich auf den Comic-Salon aus. Und anders als Sackmann und andere Bewahrer der frankobelgischen „Kunst“ (die schon vor 15 Jahren bettelnd dem Feuilleton hinterher liefen und um Aufnahme baten) finde ich das gut. Gerade die europäischen Comics sind in den letzten Jahren gähnend langweilig geworden. Natürlich ist bei den Mangas viel Schrott, aber eben auch tolle Sachen (Empfehlung: die letzte Comic Reddition zu dem Thema). Man sah es bei den Austellungen, wo die Mangakas etwas neues versuchten und man sah es auf dem Comic-Salon selber. Waren es früher noch Familien, einige Studenten und die üblichen Sammler mit Mappe und Plastiktüte auf der Suche nach Bessy Nr. 3, die das Bild prägten, fielen dieses Jahr die ganzen Teenager auf, Mädchen zumeist, die cosplay-Wettbewerbe veranstalteten und bei den Mangakas anstanden.
Gute Comics (generell alle Kunstwerke) entstehen nicht weil es eine Förderung gibt, Musen Überschichten arbeiten oder der Staat Subventionen verteilt. Gute Comics entstehen, weil es eine große Szene gibt, aus der sich Ausnahmetalente entwickeln können und diese Szene stellt der Manga-Erfolg in Deutschland (und nicht nur hier).
Ex oriente lux.

Das Salonprogramm gibt’s hier.

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.