Was ist Rock? Eine Frage, die sich wohl rational nie vollständig beantworten lässt. Zunächst ist festzustellen, dass der Begriff eine Reihe von Bedeutungsdimensionen hat, von denen eine der Stilbegriff „Rock“ ist. Diesem möchte ich mich zuwenden und eine Abgrenzung gegenüber dem Stilbegriff „Pop“ versuchen. Natürlich alles nur meine persönliche Sicht der Dinge.
Wenn ich mir Musikkassetten zusammenstelle, so sortiere ich generell nach „Rock“ und „Pop“. Wobei dies eine Gefühlssache ist. Ich analysiere dabei nicht irgendwelche einzelnen Elemente, sondern entscheide nach dem Gesamteindruck. Demnach ist Rock eher etwas raues, ungeschliffenes, wildes und Pop eher glatt, perfekt produziert, feinfühliger, filigraner. Wobei dies nur die zwei Endpunkte auf einer Skala sind und die meisten Stücke lediglich in Richtung eines dieser Extreme tendieren.
Im folgenden versuche ich dennoch eine Gegenüberstellung von ROCK und POP auf der Grundlage von Einzelkriterien.
Rock und Pop ist gemeinsam, dass sie in irgendeiner Weise Gebrauch machen von den musikalischen Möglichkeiten, die die Moderne bereitstellt. Z.B. E-Gitarren, elektronische Instrumente oder das Ausnutzen der Möglichkeiten des Studios. Dieser Aspekt muss irgendwie hinein, um eine Abgrenzung gegenüber älteren Musikstilen zu gewährleisten. Dies zeigt aber bereits, dass die Unterscheidung von Musikstilen vor allem auf musikhistorischen Aspekten beruht. Der Begriff Rock entstand als Gegenbegriff zur Abgrenzung von traditionellen Musikstilen. Genauso ist der Begriff Pop nur über die Existenz von Rock zu erklären. Aber genausogut hätte die Entwicklung völlig anders verlaufen können. Dann hätte die Basis-Rockinstrumentation vielleicht Klavier oder Bläser umfasst, und dies wäre der Grundstil gewesen.
Einzelkriterien:
– Stimme: Rock: roh, ungeschliffen vs. Pop: glatt, sauberer Gesang
– Instrumentation: Rock: laute E-Gitarren vs. Pop: weniger gitarrenorientiert
aber: die Instrumentation ist für mich kein entscheidendes Kriterium. So kann ein Song auch Rock sein, der rein elektronisch ist. Entscheidender ist das
– Klangbild/Arrangement/Backing Track: Rock: eckig, kantig vs. Pop: glatt, geschliffen
– Tempo: Rock uptempo – Pop: midtempo bis langsam
aber: es gibt auch Rockballaden, d. h. einzelne Kriterien allein sind nicht ausreichend zu einer sinnvollen Abgrenzung. Es ist die Kombination der Kriterien und welcher Eindruck überwiegt, der den Ausschlag gibt.
– Produktion: Rock: unproduziert bis geringe Produktion vs Pop: viel Produktionsaufwand, Studiotricks
Ein schwaches Kriterium, denn man kann ja ein Stück mit enormem Aufwand produzieren und es dennoch rau, wild, eckig klingen lassen.
– Songstruktur: sowohl Pop als Rock tendiert zur Liedform, aber Rockstücke folgen idealtypisch weniger dem reinen Strophe-Refrain-Schema. Improvisation und längere Soli sind typisch, während der idealtypische Popsong eben gerade kompakt und durchkonstruiert sein soll.
Es lassen sich sicher weitere Kriterien finden, vor allem wenn man Musiker ist (was ich nicht bin). Insgesamt erscheinen mir die wichtigsten Kriterien die Stimme und der Backing Track zu sein. Eines von beiden Kriterien muss zwingend der Rockspielart genügen, um einen Song als Rock zu klassifizieren. Ist die Stimme glatt, kann der rohe, kantige Backing-Track das Gefühl von Rock herstellen. Und umgekehrt. So ist eine Rockballade eben eine Rockballade, weil entweder die Stimme rockig ist oder das Klangbild roh und ungeschliffen. Generell lässt sich also sagen, dass bei einem Rocksong nicht jedes Einzelkriterium des idealtypischen Rocksongs erfüllt sein muss. Das Überwiegen von Rock-oder Popelementen machts wohl. Wobei es wichtigere und weniger wichtige Einzelkriterien gibt.
Einiges Nachdenken, und man merkt, dass selbst obige Gegenüberstellung nur ein Ansatz ist. Man stelle sich ein Acapella-Lied mit Rockröhre vor. Im Prinzip ist da der Faktor „moderne industrielle Musik“ ausgeschaltet. Dennoch würde ich das gefühlsmässig vielleicht als Rock klassifizieren.
Ich denke, letztendlich kann man Musik nie wirklich zufriedenstellend klassifizieren, da man de facto alles mit allem kombinieren kann. Letztlich beschränkt man sich bei der Kategorisierung ja immer auf wenige Elemente. Bsp: Synthpop ist eine Kategorie, die sich auf die vorwiegend synthetisch erzeugten Klänge bezieht. DISCO als Stil der Spätsiebziger wird vor allem über den tanzbaren Rhythmus four-to-the-bar definiert plus einige typische weitere Elemente. Genausogut könnte man aber sagen: Heart of Glass von Blondie ist nicht Disco sondern Synthpop. Und da wären wir wieder bei der grossen Bedeutung der Musikhistorie (Bewegung und Gegenbewegung) für die Entstehung der Stilbegriffe.
Und wenn ich jetzt noch versuchen wollte, HIP HOP und Soul usw. von Rock/Pop abzugrenzen, wäre ich wohl bald reif für die Klapsmühle. Nee, ich denke, es ist das beste, Musik einfach nach dem Gefühl zusammenzustellen, der Kopf hilft nur begrenzt weiter….
PELO.
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