Re: Die besten Avatare

#1926189  | PERMALINK

irrlicht
Nihil

Registriert seit: 08.07.2007

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PrudenceSagt der kreative Kopf des Forum, oder wie?

Nein, natürlich muss keine Kunst ausgefeilt, kunstvoll im gekünstelten Sinne oder sonstwie irgendwelchen Maßstäben angebiedert sein, aber Kunst zeigt sich für mich immernoch in einer eigenen Form, die man auch ohne Barometer von blutleerer Nichtigkeit, seelemlosen Sondermüll oder biederbürgerlichem Sofagehänge unterscheiden können sollte. Ich habe schon länger die Vermutung, dass hier öfters Missverständnisse auftauchen, weil man – ohne Frage – ersatzlos brillante Handwerker (!) mit Künstlern (!) gleichsetzt. Oder eben diesen, die sich für letztere halten. Ein tatsächlich fataler Fehler, der dann bisweilen mit grenzwertigem Geschmackssache Geschwurbel relativiert werden will – warum kann man da nicht einfach soviel abstrahieren und technische Brillanz von Leidenschaft (sic!), Hingabe (uff!) und Eigenartigkeit (igitt!) trennen? Auch wenn ich ihm vor einigen Jahren durchaus noch manches abgewinnen konnte, kann man doch klar feststellen, dass Royo nur ein vergleichsweise einseitiger, wenngleich technisch begnadeter Handwerker ist, während Gigers Malerei in jeder Pore nach künstlerischer Verwirklichung schreit, so brutal sie auch sein mag. Und natürlich ist Kunst auch dann wunderbar, wenn sie den Rahmen jeglichen Verstehens zu sprengen versucht, uneindeutig bleibt, nicht nach Schablone ausfällt – was mich dann immer schmunzeln lässt, wie man darauf kommen mag, Picasso, Hundertwasser oder der einfach wundervollen Saint Phalle die Fähigkeiten abzusprechen, während vor Auftragsarbeiten aus Jahrhunderten zuvor, die wie gemalt, da prangen, der imaginäre Hut gezückt wird, ob all der Feinheiten, dieser Sinnlichkeit und Vielseitigkeit. Ein kluger Kopf meinte mal, dass wohl niemand soviel Dummheit zu hören bekommt, wie die Gemälde in einem Museum (Danke!).

Und zu den Erbsen: Womöglich mag da tatsächlich auch mal Kunst bei rumgekommen sein, dieses „In den Augen des Betrachters“-Trillili macht mich aber urteilsfrei mindestens ebenso stutzig. Mir würde nicht einfallen jedem Mensch, der Kunst wahrnimmt, auch gleichsam Kunstverständnis zuzusprechen, allein schon, weil Kunst, also Selbstoffenbarung mit Ausdruck, nicht nur gibt, sondern auch verlangt. Und das kostet, wenigstens Geld, mindestens Zeit. Das haben die Wenigsten, übrig zumindest.

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Hold on Magnolia to that great highway moon