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Ich ward gebeten, ein paar Worte zu Leon Spencer und seinem „Legends of Acid Jazz“-Twofer zu verlieren, so die Zeit gegeben. Hab die CD grad zum ersten Mal gehört – sie ist toll! Was sofort auffällt: der Sound stimmt! Es fehlt der enervierende E-Bass von Jimmy Lewis, Spencer spielt seine eigenen Basslinien mit den Pedalen der Orgel. Es fehlen auch die unpassenden Pop-Cover, die sich in der Zeit vermehrt einzuschleichen begannen – es gibt im ersten Album ein Meters-Stück, „Message from the Meters“, das nach einfachstem Strickmuster von anderen, zehn Jahre älteren, Souljazz-Nummern abgekupfert ist, sowie „5-10-15-20“, gemäss Liner Notes damals „the recent hit of the Presidents“, im zweiten Album ist dann eine Bacharach-Nummer zu hören, „(They Long to Be) Close to You“, sowie Marvin Gayes „Mercy Mercy Me“. Im ersten Album von 1970 (es hiess „Sneak Preview“) spielt Spencer „Someday My Prince Will Come“, ansonsten stammen alle Stücke aus seiner Feder. Blues, Soul, tolle Beats von Idris Muhammad, fette Gitarre von Melvin Sparks und tolle Soli von allen… besonders überzeugend neben dem Leader ist Tenorist Grover Washington Jr., der bald schon in wesentlich untiefere Gefilde abdriften sollte, hier aber eindrucksvoll beweist, dass er ein Heavy war, hätte sein können… seine Soli bläst er mit fettem Ton, viel Blues-Feeling und Drive. Der erste Eindruck ist also sehr, sehr gut. Besser, als ich erhofft habe, und auch besser als manche Prestige-Aufnahmen aus jener Zeit (die eben zu oft unter unpassendem Material, dilletantischem Lewis-Bass und anderen Unwägbarkeiten leiden).
Ach ja, das zweite Album von 1971 hiess „Louisiana Slim“ und wurde mit der gleichen Band eingespielt, Conguero Buddy Caldwell stört auf beiden gar nicht… und es gab noch zwei weitere Prestige-Alben von Spencer, „Bad Walkin‘ Woman“ (1972) und „Where I’m Comin‘ From“ (1973), die von Fantasy nicht auf CD herausgegeben wurden. Und ein weiterer unbedingter Tipp ist die unglaubliche Live-Aufnahme von Lou Donaldson, „The Scorpion – Live at the Cadillac Club“ (mit Spencer, Sparks, Muhammad sowie dem unbekannten Trompeter Fred Ballard, der gerade seine paar Monaten mit Poppa Lou verbrachte, als das Set mitgeschnitten wurde). Auf Wiki finden sich ein paar weitere Alben verzeichnet, auf denen Spencer zu hören ist. Und Doug Payne hat auf seinem Blog einen längeren Text zu Spencer verfasst, den ich auch erst grad entdeckt habe. Spencer ist im übrigen vor einigen Tagen verstorben.
Noch ein Link (mit Hörproben):
http://funky16corners.com/?p=2607
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