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Na ja, ich nehm das Adderley ja nicht halb so übel wie ich Donaldsons Ausfälle ablehne… Adderley hat ja selbst in den späten 60ern durchaus auch geholfen, die Musik „weiter“ zu bringen, mit Zawinul, dem Fender Rhodes… als einen grossen Innovator würd ich ihn zwar nicht bezeichnen wollen, aber habe seine Musik sehr sehr gerne (was mir noch fehlt sind allerdings die Fantasy-Alben, sonst hab ich wohl beinahe alles, was es auf CD gibt, von Savoy, EmArcy, Verve, Riverside und Capitol und natürlich auch dieses hübsche Blue Note Album )
Aber meine Sicht der Dinge ist halt doch eine ganz andere, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das nicht eher in einen neuen Thread gehören würde?
Ein paar Denkanstösse (die natürlich teilweise auch wieder bloss meine Sicht darstellen):
1) Ornette ist *tief* in der Tradition verwurzelt: Blues & Texas Wurzeln
2) Ornette hat seine Musik über Jahre hinweg erschaffen, da ist nichts Amateurhaftes, Stümperhaftes oder Zufälliges daran! Im Gegenteil, er hat eine (das ist jetzt meine Meinung) organische musikalische Welt erschaffen und mit Charlie Haden, Don Cherry, Ed Blackwell und Billy Higgins, später Denardo Coleman und Dewey Redman.
3) Eric Dolphy ist möglicherweise derjenige der Bird-Nachfolger, der dem Meister am nahesten kommt im Ton und wohl auch im Charakter der Musik. Er mag oberflächlich nicht allzu stark an Bird erinnern, aber hört mal genauer hin! Das ist jetzt offensichtlich etwas, was Cannonball in dieser Zeit noch nicht hören konnte – es nähme mich wunder, dazu zu hören (also zu Dolphy) mehr aus der Zeit (1961-64 oder so, auch Nachrufe könnten Aufschluss geben).
4) Coltrane ist in diesem Sinne gar nicht so anders – der verfälschende subjektive Blick Cannonballs bezieht sich also meiner Meinung nach auf Dolphy und Ornette (und sich selbst), weniger auf Coltrane, den er wie ich finde, richtig einschätzt – und „pure and sincere“, wie ich mal annehme dass die Beschreibung im Original lautete (ev. „pure and honest“?) finde ich eine sehr schöne und treffende Charakterisierung Coltranes.
Es geht hier wohl um Brüche und Kontinuitäten… Foucault?
Was den Zeitgenossen als revolutionär neu erschienen sein mag kann im Rückblick oft viel klarer verortet werden und in vielfachen Bezügen zum Vorangegangenen gesetzt werden – eben Ornette und der Blues, Dolphy und Bird, oder auch Bird und Lester Young…
Was nun spannend wäre, wäre zu wissen, ob es Zeitgenossen gab (Gunther Schuller vielleicht? Andere Musiker?), die das schon deutlicher erkannt haben?
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