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ein e-piano vermisst einen akkord, der bass findet den grundton dazu. die orgel zitiert „shhh peaceful“. alle kommen runter. das schlagzeug schafft eine stunde lang die illusion, immer langsamer zu werden, was ja de facto nicht geht. artifizielle entschleunigung. shhh. der bass fängt ein bisschen an zu wandern – und man fragt sich, wohin das e-piano verschwunden ist – bevor nach 20 minuten das akustische den raum betritt, härter, perkussiver, während die schläge auf becken, fell und metall auch fester werden, aber immer noch entschleunigen. eine dünenwanderung, die nie den blick freigibt, denn hinter der mit letzter kraft erreichten spitze sind immer nur noch weitere dünen. und dann baut sich spannung auf, verdichtung. drei spieler mal zwei spuren. wo ein sound zurückbleibt, macht der andere noch ein bisschen weiter. das auge bewegt sich im schlaf, es gibt nichts zu sehen. rapid eye movement. // eine andere art von unruhe. die spuren arbeiten scheinbar gegeneinander, rempeln einander an. man muss sich beim hören entscheiden, ich entscheide mich zunächst für das ride becken, dass tatsächlich reitet. dann kommen 2 gitarren dazu, die sich in die queere kommen, die aufmerksamkeit flattert. es klingt, als hätte man versehentlich drei videos zweitversetzt gestartet. aber was entwickelt sich da noch über eine stunde lang, nachdem das geloopte durcheinander etabliert ist? man lernt, sich in der simultanität der angebote zu bewegen, mal hierhin, mal dorthin, es ist ja zeit. eine orgel macht zunächst ein paar verzierungen um den einen akkord herum, um den sich hier alles dreht, auch wenn der bass immer wieder mal eine alternative vorschlägt. sie wird von einem e-piano abgelöst. zur hälfte reichen dann nur noch feebackflächen. manchmal entwickelt sich ein dub-gefühl, wahrscheinlich weil man alles doppelt hört und trotzdem entspannt dabei bleibt. rückbau über e-piano und orgel, während man weiter in der multiplizität zappelt. ghost net. // electric counterpoint. mit bass und synthesizer zusammen wird eine vierakkordfolge ausprobiert, die nicht ganz unkitschig ist. ein drum herum fließendes klavier setzt noch einen drauf, fängt sogar tatsächlich zu solieren an. und wie immer bei den necks – wenn etwas einfach ausgehalten wird, wird es irgendwann gut. nach einem sphärischen durchatmen, währenddessen die gitarre weggelegt wird, kommt teil zwei mit einem rumpelschlagzeug und geöffneter hi-hat (al foster), und das klavier geht in blockakkorden zur sache. da hat man die akkordfolge eingetrichtert. und wenn dann noch die orgel dazukommt, steht man vor einer feierlich dröhnenden harmoniewand. unruheherd bleiben die drums, die dagegen anbranden. und dann doch damit aufhören. der damm hält. causeway. // klavierfiguren als call, doppelakzent von bass und schlagzeug als response. das ist sehr live-necks, mit den flirrenden figuren, die ihrer eigenen logik folgen, und das mal drei. aber was ist das? zuspielband? stimmen, außer sich. plötzlich halluziniert man, die spuren verdoppeln sich wieder, der raum wird unscharf, das licht verändert sich. unruhe. und wieder ruhe. grillen fangen an zu zirpen. frösche quaken. tag und nacht des sommers. aus der schwebenden unruhe der schlagzeugbecken schält sich ein gitarrenakkord – und verschwindet wieder darin. zuspielband, play: vogelzwitschern. und das klavier hat noch nicht alles gesagt. kurzes blinzeln. warm running sunlight. // disquiet (2025).
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