Antwort auf: Die letzte Dokumentation, die ich gesehen habe

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ford-prefect
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In den letzten Tagen habe ich mir die einzelnen Episoden der Dokumentarfilm-Reihe „This is Pop“ auf Netflix von 2021 angeschaut. Dabei handelt es sich um eine heterogene Reihe von acht Folgen, die sich in jeweils 44 Minuten ganz unterschiedlichen Themen widmen. Zum Beispiel mit der dunkelhäutigen Soul-Pop-Band Boyz II Men, die in den 90ern erfolgreich war und nach deren Vorbild die Backstreet Boys gegründet wurden, als weiße Ausgabe von Boyz II Men. Am besten haben mir die drei Episoden über die Geschichte der Festival-Kultur, über den Crossover zwischen Country und Pop sowie über das legendäre Brill Building in New York gefallen.

In der Festival-Dokumentation geht „This is Pop“ auf Woodstock 1969 und die Entstehung des Monterey Pop Festivals ein, außerdem beleuchtet die Doku die Hintergründe von Lollapalooza, dem Glastonbury Festival und den brennenden Riots auf Woodstock 1999, auf dem Limp Bizkit, die das Publikum zur Begehung von Straftaten angestachelt haben sollen, der Rädelsführerschaft beschuldigt wurden. In einem anderen Dokumentarfilm beschäftigt sich „This is Pop“ damit, wie Country-Pop-Acts wie Wynonna Judd, Garth Brooks, Shania Twain und Taylor Swift entstanden, die von der konservativen und puristischen Country-Szene in Nashville harsche Ablehnung erfuhren. Und in einem anderen Teil setzt sich „This is Pop“ mit der Geschichte des Brill Buildings auseinander, in dem etliche Plattenfirmen und Songschreiber hausten. Ein ähnliches Existenzgründerzentrum gibt es auch hier in Mannheim, in der Hafenstraße im Multikultikiez Jungbusch direkt neben der Popakademie, nämlich der Musikpark. Freilich nicht so einflussreich und populär, wie es einst das Brill Building war. Im Brill Building residierte das Produzenten-Duo Leiber/Stoller, die Hitschmiede hinter Elvis Presley. In diesem Zusammenhang entstand in der Branche der Begriff „Brill Building Sound“, wenn man einen bestimmten harmonischen Candy-Pop-Klang meinte, der Erfolg in den Charts haben sollte.

In einer anderen Episode geht „This is Pop“ auf die Rivalität zwischen Oasis und Blur Mitte der 1990er ein, die im August 1995 (geplant oder zufällig?) am gleichen Tag ihre damals neuen Singles „Roll with it“ und „Country House“ veröffentlichten, woraus ein kommerzielles Wetteifern entstand, wer mit seinem Song in den Verkaufscharts besser abschneidet. Diese Trophäe ging an Blur mit den höheren Absatzzahlen in Bezug auf die Nummer „Country House“ … auf längere Sicht waren hinterher aber bekannterweise Oasis deutlich erfolgreicher. Diese Doku-Folge geht ebenso auf viele andere Britpop-Bands dieser Ära ein, etwa Echobelly, Elastica, Lush, Suede und The Boo Radleys. Als filmischer Rahmen des Dokumentarfilms dient ein ausführliches Interview mit Blur-Bassist Alex James auf seiner ländlichen Farm in der englischen Grafschaft Oxfordshire, auf der Alex seit 2016 eigenen Käse herstellt. Darüber hinaus schreibt Alex als Food-Kolumnist für verschiedene Zeitungen über Speis und Trank, zum Beispiel für die Boulevardzeitung „The Sun“. Bassmann Alex James erzählt davon, wie schwierig es für Blur auf einer ersten US-Tour in den frühen 1990ern war, sich als britische Band in den Staaten gegen den damaligen Erfolg von Nirvana durchzusetzen, als viele Rockfans verlangten, alle Bands müssten nach Grunge-Rock klingen. Als Blur anno 1991 ihr Debütalbum „Leisure“ veröffentlichten, spielten sie in jenem Jahr im Rahmen der Musikmesse Popkomm im Musikclub Blue Shell in Köln. Von diesem historischen Konzert erzählte mir mal der Inhaber, als ich vor ein paar Jahren während eines Städtetrips in Köln das Blue Shell besuchte, das sich in einem kleinen Eckgebäude in der Luxemburger Straße befindet. Ein Foto vom Blue Shell ziert das Cover des Sachbuchs „Wir waren hochgemute Nichtskönner“ der beiden Autoren Gisa Funck und Gregor Schwering, das sich mit der Subkultur in Köln in den 1980er und 1990er Jahren befasst und im November 2023 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.

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