Re: Michael Jackson

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der-hofacker

Registriert seit: 07.04.2005

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Meine bescheidene Meinung zur Sache:

Ich glaube, dass Michael Jackson in vieler Hinsicht einer der ganz großen Unterhaltungskünstler des letzten Jahrhunderts war, der durchaus in eine Reihe gehört mit Leuten wie Louis Armstrong, Miles Davis, Bob Dylan, Bob Marley oder auch Frank Sinatra und Marilyn Monroe. Für einen solchen Status braucht es mehr als ’nur‘ die (hier ja auch etwas umstrittenen) musikalischen Verdienste. Jackson war vor allem ein unglaublicher Performer, der mit seiner Kunst auf der Bühne und im visuellen Bereich bleibende Maßstäbe gesetzt hat. Dazu war er eine einzigartige (Kunst-)Figur, die sich verständlicherweise eher am traditionellen US-Showbiz orientierte als an den Glaubensregeln einer oft genug engstirnigen Rockgemeinde. Seine Idole hießen Liza Minelli, Charlie Chaplin und Smokey Robinson, nicht Jagger, Dylan oder Robert Johnson.

Alles in allem: eine Ausnahmeerscheinung, die unglaublich viele Menschen fasziniert und inspiriert hat. Sein bizarres Leben ist wohl eher unter „traurige Geschichte“ zu sortieren, nichts, worüber man jetzt den Stab brechen sollte (zumal bei der ja recht ungesicherten Faktenlage) – glücklich schien er jedenfalls in den letzten 10, 15 Jahren eher nicht.
Was die Musik angeht: Ich finde im Nachhinein, dass es, wenn man sich seine Alben anhört, ziemlich deutlich wird, wie sehr Motown seine geistige Heimat war, wie sehr auch die Soulsszene der sechziger Jahre und ihr Drang in die gesellschaftliche Mitte seine Haltung als Künstler geprägt haben.

Ansonsten kann man glaub ich getrost behaupten, dass seine großen Soloalben (Off The Wall, Thriller, Bad) den schwarze Mainstream-Pop erst wirklich massentauglich gemacht haben. Was nicht heißt, dass nicht andere Leute zur selben Zeit sehr große Verdienste um diese Entwicklung haben. Aber keiner hat so verdammt viele Platten verkauft wie Jacko. Die waren ja nicht alle bewusstlos, als sie die „Billy Jean“ gekauft haben, die wollten ja alle diese Musik besitzen. Muss wohl Gründe haben.

Ach ja, und noch was: Bis Montagabend hat die SOUNDS-Redaktion in einer 7-Tage-Aktion ein Sonderheft zu Jacksons Tod aus dem Boden gestampft. EVT: 17. Juli.
Wir alle hoffen, dass es einer der substanzielleren Beiträge zur Diskussion geworden ist und zu einer fairen und künstlerisch angemessenen Auseinandersetzung mit dieser Figur beitragen kann. Und – um allen Vorwürfen der Trittbrettfahrerei auf dem allgemeinen Medien-Hype zu begegnen: Natürlich wollen wir auch Hefte verkaufen. Erster und letztlich entscheidender Anlass, dieses Sonderheft zu machen, aber war die Erkenntnis, dass Michael Jackson zu den sehr wenigen Figuren des Pop gehört, die eine ganze Welt, quer durch alle Rassen und Kulturen, berührt haben. Ein Fakt, das ein Themenmagazin der Popmusik zur Auseinandersetzung mit diesem Phänomen verpflichtet.

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