Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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motoerwolf

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Spiders – Ihr Biss ist der Tod (Vermines, Sébastien Vaniček, 2023)
Milde Spoiler voraus: Endlich mal wieder ein Horrorfilm, an dem ich nichts auszusetzen habe. Im Gegenteil, so glücklich und zufrieden bin ich in letzter Zeit selten aus einem Horrorfilm gegangen. Und was ich so mitbekommen habe, ging es dem rest des Publikums (das waren aber nur sechs Leute) nicht anders.
Die Grundstory ist genretypisch nicht besonders komplex (wobei das ehrlicherweise für die allermeisten Filme, egal welchen Genres zutrifft). Es geht um eine Gruppe junger Leute, die versuchen müssen, in einem von extrem aggressiven und giftigen Spinnen befallenen Gebäude irgendwie zu überleben. Die Hauptfiguren sind dabei alle schon vor dem Zwischenfall miteinander verbunden, in der Gruppe gibt freundschaftliche und amouröse Beziehungen, es gibt ein Geschwisterpaar, das ein angespanntes Verhältnis zueinander hat und zwei Jungs, die einmal beste Freunde waren, sich aber entzweit haben. Außerdem hat die Gruppe ganz unterschiedliche Beziehungen zu anderen Mietern in dem Hochhaus in einem Pariser Banlieue, was dem Zuschauer die Möglichkeit zu recht unterschiedlichen Emotionen bei den diversen Toden gibt.
Besonders gelungen an Spiders sind in meinen Augen die wirklich glaubhaften Beziehungen der Figuren. In vielen Filmen dieser Art sterben Menschen, und der Rest der Gruppe geht im Grunde einfach darüber hinweg, als wäre nicht viel passiert. Das ist hier anders. Besonders beim Tod eines Mitgliedes der Hauptgruppe werden Trauer und Verzweiflung wirklich spürbar durch die intensive Darstellung. Und da die Figuren nicht nur glaubhafte Beziehungen zueinander haben, jede für sich genommen gut angelegt ist und auch gut gespielt werden, ist man als Zuschauer sogar emotional involviert und leidet mit, wenn mal wieder etwas schlimmes passiert. Und natürlich ist ein Film, dessen Figuren dem Zuschauer am Herzen liegen eben auch einer, der wirklich spannend ist. Gottlob sind auch die Effekte so gut, dass man nicht wie so oft durch schlechtes CGI oder grottige andere Effekte aus der suspension of disbelief gerissen wird.
Zusätzlich interessant macht den Film, dass er eben in einem Banlieue spielt, die Mieter in dem Haus also letztlich alle in mehr oder weniger prekären Situationen stecken, meist auch einen Migrationshintergrund haben. Als dann der Obrigkeit klar wird, dass das Haus von extrem gefährlichem Ungeziefer (fr. Vermines, siehe Originaltitel) befallen ist, wird dieses Haus einfach unter Quarantäne gestellt. Versuche den Bewohnern zu helfen finden zumindest nicht erkennbar statt. So wird der französische Originaltitel doppelbödig, denn nicht nur die Spinnen sind Ungeziefer, für die Behörden scheinen auch die Menschen im Haus letztlich nicht mehr zu sein. Natürlich machen die Menschen diese Erfahrung nicht zum ersten Mal, weswegen sich von vorherein niemand darauf verlässt, dass die Polizei irgendwie hilfreich sein könnte. Dass diese letztlich jedoch sogar zum aktiven Gegner wird, ahnt aber zunächst einmal niemand.
Jederzeit klar erkennbar sind die Einflüsse auf den Film. Man kann sicher davon ausgehen dass Vaniček (Regie und Drehbuch) und Florent Bernard (Drehbuch) Filme gesehen und gemocht haben wie Attack the Block (Joe Cornish, 2011), [●REC] (Jaume Balagueró / Paco Plaza, 2007) und Alien (Ridley Scott, 1979), und auch Filme wie Die Hard (John McTiernan, 1988) oder The Raid (Serbuan maut, Gareth Evans, 2012) können zum erweiterten Referenzfeld gerechnet werden. Wer diese Filme mochte, wird von Spiders zumindest nicht enttäuscht werden.

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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame