Startseite › Foren › Kulturgut › Print-Pop, Musikbücher und andere Literatur sowie Zeitschriften › Die Drucksachen › Literarische Begegnungen (Lesungen) › Antwort auf: Literarische Begegnungen (Lesungen)
ford-prefect Feeling all right in the noise and the light
Registriert seit: 10.07.2002
Beiträge: 10,358
Max Goldt, Theater Sapperlot, Lorsch (Südhessen), 9.10.2024
Gestern war ich wieder bei Max Goldt, diesemal im provinziell-rustikalen Theater Sapperlot, in dem ich bislang erst einmal gewesen war, lange her, vor 15 Jahren bei einer musikalischen Lesung von Ulla Meinecke. Die Lesungen von Sprachmagier Max Goldt lohnen immer. In den ersten 20 Minuten ließ sich Goldt auf seine unnachahmlich witzigen Weise über das Thema gendergerechte Sprache aus. Außerdem übte sich Max Goldt als schelmischer Sprachkritiker, als er die tagesthemen mit Anchorman Ingo Zamperoni tadelte, da die Nachrichtensendung immer wieder die beiden Begriffe „buchstäblich“ und „redensartlich“ verwechsele, in einem Abschnitt über das Thema Begriffsunklarheiten. In diesem Zusammenhang stellte Goldt tiefe Überlegungen an über den Unterschied zwischen Sarkasmus und Zynismus, wobei er das als Standwardwerk geltende Suhrkamp-Buch „Kritik der zynischen Vernunft“ von Peter Sloterdijk erwähnte, ein Wälzer von über 950 Seiten. Hat das hier jemand gelesen?
Ein Highlight waren Max Goldts Erinnerungen an seine Begegnung mit der Chansonsängerin Blandine Ebinger (1899-1993), mit der er ein Telefongespräch führte und die ihn daraufhin zu sich in die Wohnung in Berlin-Wilmersdorf einludt, da Max Goldt mit seinem Popduo Foyer des Arts ein Lied von der Ebinger zu covern gedachte … als elektronische Musik. Diese Geschichte trägt den Titel „Mein preußischer Nachmittag“. Dabei traf der Goldt auf eine konservative Dame, die ihn im gesanglichen Ausdruck verbessert habe. „Ich war noch nicht in der Lage, eine derart künstlerische Strenge wertschätzen zu können“, erklärte Max Goldt im Lorscher Theater Sapperlot. Der Lesung wohnten etwa 50 Besucher bei. Für gewöhnlich besuche ich die traditionsreiche Lesung von Max Goldt im Frankfurter Hof in Mainz, wo er seit 1997 jährlich im Frühjahr auftritt. Im Vergleich zum ländlichen Theater Sapperlot hat der Frankfurter Hof ein ganz anderes Ambiente, großer heller Saal mit mindestens 300 Besuchern, wenn der Goldt kommt.
Darüber hinaus fasste Max Goldt eine Jahrestagung der Bundesnotarkammer in Worms (sic!) belustigend zusammen, die hinterher einen Ausflug zum Wave Gotik Treffen in Leipzig unternahm, um an einem Infopoint ein paar Testamente unters Grufti-Volk zu bringen. Am nächsten Samstag wird Max Goldt eine Lesung in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt im dortigen Goethe-Theater halten, im Rahmen der Festspiele der deutschen Sprache. Darauf freut sich Max Goldt immens, der unbedingt Eindruck hinterlassen möchte bei Veranstalterin Edda Moser, die sich selbst als Pflegerin der deutschen Sprache versteht.
Aktuelle Termine seiner Lesereise findet man auf der Homepage von Max Goldts Künstleragentur Tom Produkt Hamburg: Tom Produkt
zuletzt geändert von ford-prefect--
Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!