Antwort auf: Liam Gallagher

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gipetto
Funk 'n' Punk

Registriert seit: 04.02.2015

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Qualitativ höre ich das Album insgesamt sehr homogen, lediglich I’m A Wheel und Make It Up As You Go Along schlagen doch eher negativ zu Buche. Vor allem freue mich einfach, John Squire wieder spielen zu hören und bin ziemlich glücklich drüber, dass er die Paula weggelegt und wieder zur Strat zurückgekehrt ist – dieser Schritt lockert sein dichtes Spiel ungemein auf. Überhaupt ist sein Gitarrenspiel der Star dieses Albums. Sein Ton ist unverkennbar und fasziniert mich immer wieder aufs Neue, auch wenn sich Squires Identität als Gitarrist nach der Sivertone-Ära der Roses unwiderruflich Richtung Blues verschoben hat.

Gallagher thront über allem und er klingt wirklich gut. Textlich ist das Album sicher keine Meisterleistung, aber das kann ich wunderbar ausblenden. Regenbobenfarben. Ja und? Und eine in den Kommentarspalten verdammte Zeile wie „you should have fucked me when you had the chance“ holt mich persönlich dann sogar ab, weil ich sie in frühen Studienzeiten selber mal so zu hören bekam.

Das Songwriting ist ausbaufähig, aber nicht grundsätzlich schlecht. Und ich könnte mir vorstellen, dass Gallagher und Squire, die ja eine weitere Zusammenarbeit im Blick haben, im Rahmen der gemeinsamen Tour weiter zusammenwachsen und auf einem möglichen zweiten Album noch einmal ordentlich zulegen können.

Im Grunde genommen hat die Scheibe zwei Probleme: Zum einen konnte das Projekt an den hohen Erwartungshaltungen und Vorschusslorbeeren, die Fans und Musikpresse in diese Kooperation legten, eigentlich nur scheitern. Legt man diese Brille jedoch ab, dann bleiben zwei Legenden aus Manchester, die gemeinsam Musik machen, weil sie Bock drauf haben und niemandem mehr etwas beweisen müssen. Und das machen sie sehr solide. Nicht mehr, vor allem aber auch nicht weniger.

Und zum anderen: Wie zur Hölle kann man ein Album mit einem derart besch***enen Mastering nur so verstümmeln?! Da wurde jegliche Dynamik von grundauf eliminiert und so komprimiert, dass sich die Balken biegen. Was verleitet einen Engineer dazu, so etwas zu tun? Warum segnet ein Produzent so etwas ab? Taub werden die Beteiligten ja wohl kaum sein. Für welche Wiedergabesyteme werden solche Masterings denn erstellt? Ich hoffe einfach mal, dass die Hebel für die Vinylausgaben anders gelegt wurden…

Kurzum: Mir macht das Album großen Spaß, auch weil ich von Beginn an etwas skeptisch war und die eigene große Erwartungshaltung rechtzeitig abschütten konnte. Und ich denke, dass das Ganze auf der Bühne verdammt gut funktionieren wird. Berlin wird großartig! Und bis dahin hoffe ich einfach auf gescheit gemastertes und gut klingendes Vinyl…

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"Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop)