Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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gypsy-tail-wind
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Vielen Dank für die schönen Konzertberichte! Wollte längst schon zum Hadelich/Hecker/Helmchen-Konzert schreiben, dass das sehr stimmig klingt – bis zur Zugabe, die den Bogen dann quasi komplettiert. Die Schumann-Trios finde ich toll, aber am Ende wäre da wohl auch für mich Kodály das Highlight gewesen (hab ich mit Kopatchinskaja/Gabetta im Konzert gehört und war dort auch das Highlight, drumherum war’s mir teils deutlich zu klamaukig).

Dass Du Weills „Todsünden“ mit Tänzerin erleben durftest, darum beneide ich Dich ein wenig! Ich war ja neulich von Ute Lemper sehr angetan, aber die Doppelrolle konnte sie allein höchsten manchmal andeuten – gesungen wird sie ja eh nur von einer Stimme, aber eine Tänzerin dabei zu haben, macht das Stück sicherlich nochmal etwa verständlicher. Ich habe gerade endlich* „Der Verschollene“ von Kafka gelesen, weil hier demnächst Haubenstock-Ramatis „Amerika“ aufgeführt wird … und klar, bei Weill ist die Parabelhaftigkeit verständlich, bei Kafka muss sie gedeutet werden (oder auch nicht, ich mag offene Texte, die auch einfach aus sich selbst heraus verständlich werden, ohne dass es Deutungen benötigen würde) – aber beides sind Stationendramen und beide geschrieben von Autoren, die die USA (noch) nicht kannten (glaub ich zumindest bei Brecht/Weill? Emigriert sind sie jedenfalls beide später – Haubenstock-Ramati hat zwar die absurdeste, durchaus „kafkaesk“ zu nennende Odysse erlebt in der Kriegszeit und direkt danach, aber in den USA lebte er glaube ich nie).

Strauss liegt mir in der Oper sehr viel mehr als im Konzert, wo ich zwar manches enorm beeindruckend finde (die „Metamorphosen“, die Orchesterlieder, überhaupt Lieder), aber seine reiche Instrumentierungskunst kommt für mein Empfinden in der kleinteiligeren Oper (kleinteiliger weil im stetigen Wandel) am schönsten zur Geltung – und da empfinde ich sie schon als sehr, sehr toll. Bei den Orchesterstücken ist wohl die Regel, dass sie mir umso unzugänglicher sind, je pathetischer sie sind („Heldenleben“ ist wohl in etwa der Gipfel … das ist shock and awe, lässt mich draussen).

Alexandra Dovgan hörte ich letzte Saison (Herbst 2022) in einem recht guten Rezital – ihr durch die Pandemie mehrfach verschobenes Debut in Zürich und in der Tonhalle. Und am Dienstag höre ich sie wieder, aber leider nicht mit Koopman (den ich auch sehr gerne mag, aber erst einmal live hörte. Dovgan wird nach der Ouvertüre zu „Lucio Silla“ das frühe Klavierkonzert Nr. 5 D-Dur KV 175 spielen, dann gibt es noch ein Bläser-Concertino von Josef Mysliveček, nach der Pause die Zwischenaktmusiken aus „Thamos, König in Ägypten“ KV 345 und zum Abschluss dann das „Jenamy“-Konzert KV 271. Begleitet wird sie vom Kammerorchester Basel unter Jonathan Cohen. Ich mag das „Jeunehomme“-Konzert ganz gerne – mal schauen, ob es gelingt, etwas neben die wunderbare Version zu setzen, mit der das phänomenale Konzert von Ibragimova und Bezuidenhout in Basel (auch mit dem KOB) neulich endete. Ich bin ehrlich gesagt nicht so optimistisch, aber lasse mich sehr gerne überraschen.


*) hab immerhin vor langer Zeit mal Neuere dt. Literatur im Nebenfach studiert und „Der Prozess“ ist ein Lieblingsbuch

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