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ford-prefect Feeling all right in the noise and the light
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Der Heidelberger Rockjournalist Chris Glaub vom Break Out-Magazin hat einen schönen und berührenden Nachruf auf Jan Wigger auf seiner Facebook-Seite geschrieben:
zuletzt geändert von ford-prefectBIN ERSCHÜTTERT … R.I.P. JAN WIGGER!!!
Jan alias Jane Fontane bei Facebook ist im Alter von 50 Jahren nach einer schweren Krankheit von uns gegangen.
Vor 10 Jahren hat er mich auf Facebook kontaktiert, fragte mich, ob ich ihm meine ganzen alten Faith No More-Artikel zuschicken könnte oder sie online einstellen könnte, für ihn und zwei enge Freunde. Er war seit 1989 Stammleser beim Break Out, hat sich in Hamburg unser schönes Heftchen im Handel besorgt. Er hat halt die alten Ausgaben verschlampt, vielleicht auch entsorgt, um Platz zu schaffen. Konnte ihm den Wunsch leider nicht erfüllen, weil mir selbst einige Ausgaben mittlerweile fehlen, ich keinen Scanner hatte und auch kein Smart-Phone.
Aber wir blieben seitdem in Kontakt, mal intensiver, mal wieder mit größeren Pausen. Es war eine echt herrliche Facebook-Freundschaft, die ich sehr geschätzt habe.
Jan war ein Musikverrückter wie ich auch, zudem hat er sein Hobby zum Beruf gemacht. Er war eine richtige Größe als Musikjournalist, hat unter anderem jahrelang für den Rolling Stone und Spiegel online geschrieben, somit wesentlich bekannter und erfolgreicher als ich es je mit meinem Hobby-Geschreibsel sein werde. Allerdings hat er sich schon vor einigen Jahren von der Schreiberei verabschiedet, wegen seiner Krankheit. Wollte natürlich wissen, was ihm fehlt, habe ihm Telefonate angeboten, aber er wollte nicht darüber reden.
Er war riesiger Springsteen-Fan, hat aber vorwiegend über Alternativ-Mucke berichtet. Und ein wahnsinniges Faible hatte er mit mir gemeinsam! Die Vorliebe für obskure Künstlerinnen! Über die haben wir uns immer ausgetauscht und uns gegenseitig Tipps gegeben. Damals so Sachen wie Soap And Skin … Anja hat er als Göttin bezeichnet. Joanna Newsom, Anna von Hausswolff, Cat Power … die Liste ist endlos. Mein letzter Tipp für ihn war übrigens Zustra, die ihm auch sehr gut gefallen hat. Und er hat sich immer gefreut, wenn so etwas Obskures auch im Break Out statt gefunden hat.
Dem Break Out war er immer tief verbunden, hat sich immer gleich erkundigt, wenn es mal mit Verspätung erschienen ist oder über die Gründe vom damaligen Break Out-Lockdown. Und war sauer, wenn er es nicht in Hamburg gefunden hat und nachbestellen musste. Das war zum Beispiel bei der Ausgabe mit dem Joe Lynn Turner-Inti der Fall, was ja für ein bisschen Furore gesorgt hat. Und da er unseren Rainbow als Schreiber sehr schätzt, weil er seinen eigenen Stil hat, wollte er wissen, was da abgegangen ist.
Oder warum ich mich vor zwei Jahren vom Break Out zurückgezogen habe. Erklärte ihm, dass ich nicht mehr in der Lage bin zu schreiben, weil ich depressiv bin. Hat er auch verstanden, weil es ihm ja genauso ergangen ist. Hat sich gefreut, dass ich dann alles überwunden habe und wieder schreiben konnte.
Er war selbst nicht mehr bei FB so aktiv, war er eh fast kaum. Ihm scheint aber das Frauchen-Photo zu unseren 8 Monaten gefallen zu haben … war leider das letzte Lebenszeichen von ihm. Habe meiner Billie auch vorher viel über ihn erzählt, weil sie immer neugierig über meine Freunde hier ist. Auch sie ist sehr traurig darüber.
Und ich erst! Obwohl ich Jan leider nie persönlich kennenlernen durfte, war er immer irgendwie ein Teil von meinem Leben, ein alter Kumpel per Chat halt, auch wenn er sich selbst wohl ein wenig isoliert hat. Bin sicher, wir hätten uns noch so viel zu erzählen gehabt. Spannende musikalische Erinnerungen halt!
Und ich werde Jan definitiv niemals vergessen und ihn immer in meinem Herzen tragen. Bin von der Nachricht immer noch schockiert. Habe es zwar schon vor zwei Tagen erfahren, aber durch meinen Job konnte ich keinen persönlichen und hoffentlich würdevollen Nachruf für ihn schreiben.
Er war immer voll des Lobes wegen meiner Schreiberei, so etwas habe ich selten erlebt, dazu noch von einem sehr namhaften Musikredakteur. Vor ein paar Jahren, wo er noch aktiv war, schrieb er mir, dass meine Artikel ihn immer noch inspirieren würden. Und das allergrößte Kompliment, was ich jemals über meine Arbeit für das Break Out gehört habe, stammt auch von ihm! Das Lesen von den ollen Faith No More-Artikeln unter der Schulbank war seine Inspiration, selbst Artikel zu verfassen und ins verrückte Musikbusiness einzusteigen. Schönere Worte habe ich echt noch nie gehört!
Und noch eines haben wir gemeinsam: Wir haben immer ehrlich unsere Meinung kundgetan, emotional geschrieben, manchmal aus dem Bauch raus … und uns von vielen aus der Branche gewaltig unterschieden. Und das war verdammt gut so! Auch wenn wir beide auch sehr viele Hater hatten, du wohl wesentlich mehr als ich wegen deinem Bekanntheitsgrad. Wir haben in dem Punkt alles richtig gemacht!
Jan, ich werde dich echt total vermissen! Wünsche deiner Familie und deinen engen Freunden sehr viel Kraft momentan. Ist für mich als Außenstehender schon schwer genug, nichts mehr von dir zu hören oder zu sehen … aber vielleicht bist du jetzt an einem besseren Ort. Würde ich mir sehr wünschen.
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Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!