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23.01.2024 – Unzertrennlich – Basel, Don Bosco
Kateryna Kasper, Sopran (Aci)
Sophie Harmsen, Mezzosopran (Galatea)
Christian Senn, Bass (Polifemo)
Kammerorchester Basel
René Jacobs Leitung
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
Ouvetüre zu «Agrippina» HWV 6
«Aci, Galatea e Polifemo» HWV 72, Dramatische Kantate.
(Konzertante Aufführung)
Bei mir gab’s gestern eine konzertante Aufführung von Händels Serenata a tre „Aci, Galatea e Polifemo“ in Basel – René Jacobs leitete das Kammerorchester Basel zum wiederholten Mal bei so einem Unterfangen (für mich war’s die Premiere) – und das war richtig schön. Die zweite Hälfte fand ich echt umwerfend. Es gab keine Pause, mit der vorangestellten „Agrippina“-Ouvertüre (weil die Serenata keine Ouvertüre hat) dauerte das ganze so 1:40 Stunden. Was in der Mitte passierte, weiss ich nicht, aber mich dünkte, dass alle irgendwie nochmal einen Gang hochschalteten, wenn davor manches zwar sehr schön aber auch etwas verhalten wirkte, war ich plötzlich mitten drin und sass öfter buchstäblich auf der Stuhlkante – also auf der Kante der harten Bank: Ich hatte wie beim Mozart-Abend mit Ibraghimova/Bezuidenhout einen Platz im „Seitenschiff“ des Don Bosco, was in dieser umgebauten modernen Kirche einfach eine Bank an der Wand ist. Gute Sicht, okaye Akustik dafür, dass man da in einer Art Gang sitzt, der nur drei Meter oder so hoch ist (aber auch nicht tiefer als das … für ein Haydn-Konzert mit Antonini und dem Solisten Christian Tetzlaff sass ich mal auf der steil ansteigenden Tribüne im hinteren Teil des Kirchenschiffs und kann mich nicht erinnern, dass es dort wesentlich besser geklungen hätte (ich vermute es gab in der Kirche mal eine Empore über dem Eingangsbereich und die wurde quasi von der Tribüne verdeckt, in diese verbaut). Das Orchester war klein (Streicher 5-4-3-2-1, dazu Oboe, zwei Trompeten, Pauken … Blockflöte noch, glaub ich? Konnte nicht alles sehen, falls das angekündigte Fagott dabei war, hab ich es echt nicht gehört – aber wer weiss, bei sowas kann es ja sein, dass man es merken würde, wenn’s plötzlich nicht mehr da wäre), aber eine grosse Continuo-Gruppe mit Cembalo/Orgel, Harfe, Theorbe und dem einen Cello (der Kontrabass gehörte da oft auch mit dazu). Jacobs hat da wohl auch ein wenig arrangiert – war jedenfalls super. Und das Solist*innen-Trio war umwerfend, Kateryna Kasper (Sopran) als Aci und Christian Senn (Bass) als Polifemo, die als Gegensatzpaar um Sophie Harmsen (Mezzo), die Galatea, buhlten. Alle drei klasse, die Koloraturen sassen fast immer (auch da schien es im Lauf der Aufführung mehr Sicherheit zu geben), die Diktion war bei allen nicht perfekt, aber nachdem ich grad im Kontext von „Platée“ wieder mal etwas über die Franzosen vs. die Italiener in der Oper las, musste ich auch öfter mal ein wenig schmunzeln, weil Händel mancherorts auch schon fast den Exzess sucht in den unendlichen Zier-Linien, da werden Silben derart zerdehnt, dass Textverständlichkeit eigentlich in den Arien gar nicht mehr möglich ist. Dazwischen gab es aber zahlreiche (gesungene und wie mir schien auch völlig auskomponierte, also nicht nur vom Continuo halb-spontan begleitete) Rezitative, in denen das natürlich anders war. Netterweise kriegte man beim Eingang den Text in die Hand gedrückt und es war – der Stimmung nicht dienlich – im Saal hell genug, als dass man mitlesen konnte. Und gestern sass mal wieder Julia Schröder am ersten Pult – sie ist auf einigen meiner liebsten KOB-CDs dabei (z.B. derjenigen mit Musik aus Bologna auf DHM), aber recht selten bei den Konzerten. Und etwas Bewegung war natürlich schon auf der Bühne, Polifemo – und später der tote Aci – sangen öfter mal von einem kleine Podest zwischen Pauke und Trompeten hinten auf der Bühne, es gab diverse Auf- und Abgänge, die Oboensolistin kam jeweils nach vorn zwischen die ersten und zweiten Violinen, wenn sie Arien begleitete. Wunderbar war’s!
Das Programmheft steht weiterhin online:
https://www.kammerorchesterbasel.ch/de/konzerte/unzertrennlich.html
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