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Ich möchte auch noch meinen Senf zur Hooker-Diskussion beitragen.
The Healer ist für mich vor allen anderen Überlegungen erst einmal kommerziell eines der erstaunlichsten Comebacks der Musikgeschichte. Die +/-15 Jahre davor sind bei mir eigentlich immer noch eine Leerstelle. Und ich hätte damals wirklich nicht damit gerechnet Hooker noch einmal im Radio zu hören und im Musik-TV zu sehen, zwischen, ja wem eigentlich, Prince und Madonna oder so, oder ihn noch einmal live zu sehen, erst recht nicht auf großer Bühne und vor großem Publikum. Ich selbst war Anfang 20, auf den wenigen Konzerten von Blues-Originalen meist und oft mit Abstand der Jüngste, weshalb mir eine Situation besonders haften blieb: Als ich nach einer langen Nacht früh morgens einen Bahnsteig entlang strolchte kam ich an zwei Durchschnitts-Jungs vorbei, die wohl ebenfalls Nachtleben hinter sich hatten und noch ein paar Jahre jünger waren als ich, und hörte, wie der eine den anderen etwas fragte wie ob er „schon von diesem irren Typen gehört hätte, John Lee Hooker“. Das fühlte sich fast wie ein persönlicher Triumph an, beinahe hätte ich die Sägefaust gemacht. Das Hooker plötzlich medial präsent war, das man in der Folgezeit auch in bluesfernen Printmedien auf Reviews seiner aktuellen Alben stieß, war für mich ganz persönlich ein sehr schöner Moment. Künstlerisch würde es bei mir zumindest sein Duett mit Bonnie Raitt wohl auch jederzeit weit nach oben schaffen, zusammen fast 120 Jahre alt und trotzdem sexy wie der Teufel. Zuletzt gehört habe ich vor wenigen Wochen Boom Boom, und das ist auch unter den gewöhnlichen Alben jenes, welches mir am meisten zusagt, hier tritt der Gaststar-Overkill am stärksten in den Hintergrund, ich höre dies als am nächsten dran an einem puren Hooker-Album, und letztlich möchte ich, wenn ich Hooker in den Schacht schiebe, auch sein Gegrummel hören und keinen croonenden Van Morrison. Seine interessanteste Arbeit aus der Spätphase ist für mich aber der OST zu dem ansonsten meiner Erinnerung nach lausigem „The Hot Spot“. Ich weiß, dass es auch die Meinung gibt, dass Hooker und Miles Davis einfach nicht zusammen passen, finde es selbst aber wunderbar Hooker am Ende seiner Karriere noch einmal unter Erhalt aller Trademarks in einem ganz anderen, unbekannten Kontext und fast ausschließlich über moods und moans, statt über Songs und Lyrics kommend zu hören.
Grundsätzlich mag ich, vor allem zeit- und altersbezogen, sein Spätwerk also schon, aber müsste ich wählen wäre es natürlich völlig chancenlos gegen ältere Sachen, wobei meine bevorzugten Aufnahmen grob die um 1960 in Bandbegleitung sind. Mein favorisiertes Album wäre dann wohl Burnin´, allerdings ist es so, dass ich diese Sachen über mehr als zweieinhalb Jahrzehnte eigentlich vor allem über immer neue und umfangreichere Compis kennenlernte, so dass die Alben aus jener Zeit, von denen viele ja ihrerseits schon Compis waren, bei mir ein bisschen miteinander verschwimmen. Das trägt vielleicht dazu bei, dass mein eigentlicher Album-Favorit Hooker ´n` Heat ist. Die hier bereits erwähnte Best-Of-Version empfinde ich jedoch als kastriert, da fehlen nicht einfach nur Tracks, da fehlt Ablauf und Dramaturgie. Ich finde es super, wie er zunächst ein wenig Solo-Space bekommt, um sich einzugrooven – und wurde sein stampfender Fuss eigentlich jemals so präsent aufgenommen?-, wie dann Alan Wilson dazu kommt, zumal es ja nicht so viele Aufnahmen von Hooker mit Harpbegleitung gibt, bevor die ganze Band einfällt und sie alle auf den endlosen Boogie-Rock-Bestien hinausreiten. Eines meiner absoluten Lieblingsalben, nicht nur auf Hooker bezogen. Und für mich nebenbei, und auf Grund großer Lücken ein wenig unter Vorbehalt, auch Canned Heats beste Arbeit.
Neben dem auch schon erwähnten It Serves You Right To Suffer habe ich außerdem noch einen crush auf das ausgerechnet bei Stax erschienene spookige That´s Where It´s At!, sowie für Sittin´ Here Thinkin´, welches im Rahmen einer 4-LP-Box mit Memphis Slim, Lightnin´ Hopkins und Blind John Davis (wenn ich mich recht erinnere) überhaupt mit die ersten Blues-Aufnahmen waren die ich hörte, und das mich in seiner Kargheit und Schmucklosigkeit erst einmal ziemlich ratlos machte, das ich mir erarbeiten musste, bevor es nach einigen Jahren richtig gut passte.
Gibt es eigentlich zwei Alben mit seinem Cousin Earl? Eines, Family Matters, habe ich auch, das hat aber eine völlig andere Track-Liste als If You Miss ´im.
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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)