Antwort auf: 2022 & 2023 & 2024: jazzgigs, -konzerte, -festivals

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Vorhin im „Spiegelsaal“ der Zürcher Opernhauses ein einstündiges Matinee-Konzert unter der Überschrift „South African Jazz“ gehört. Mit dabei: McCoy Mrubata (ts, fl), Paul Hanmer (p), Robert Pickup (cl, bcl), Jonathan Allen, Daniel Kagerer (v), Natalia Mosca (vla) und Andreas Plattner (vc). Pickup ist Solo-Klarinettist im Orchester der Zürcher Oper und stammt aus Südafrika, wo er die beiden Gäste und Co-Leader, McCoy Mrubata und Paul Hanmer, kennenlernte, die schon länger in unterschiedlichen Projekten, aber auch gemeinsam unterwegs sind. Ein Foto konnte ich nicht machen, drum stattdessen das Bild der CDs, vom geplünderten CD-Tisch (die sechste, die es gab, eine Duo-CD der beiden aus Boswil, habe ich schon seit Jahren).

Musikalisch fand ich das überraschend gut – ich war im Vorfeld verhalten optimistisch, ein paar Befürchtungen haben sich als wahr herausgestellt, andere als völlig unbegründet – und die eingetroffenen wurden wiederum von den anderen teils aufgehoben. Das Streichquartett war nicht nur Begleitung, bot nicht bloss einen Kitsch-Teppich für schöne Melodien, sondern entpuppte sich als gleichberechtigter Teil des Ganzen. Und der Klarinettist war auch solistisch ziemlich gut. Es ging relativ verhalten los, mit Mrubatas tatsächlich recht stillen „Quiet Please“. Für das folgende elegische „Dr. Arlt“ (Klick) von Trompeter Feya Faku griff Mrubata dann zur Querflöte. Diese konnte sich rein vom Klang her nicht so gut gegen die Streicher, das Klavier und die Klarinette behaupten. Streicher und Klavier waren eng verwoben – das eben eine der guten Überraschungen: da wurden nicht einfach oberflächliche bzw. hintergründige Streicher-Parts dazugeschrieben sondern wirklich gut arrangiert. Es folgte Mrubatas „Deep Thoughts“, wieder mit dem Tenorsaxophon – was für ein schöner Ton Mrubata hat, ist mir auf den mir bisher bekannten Aufnahmen noch nie so aufgefallen wie heute – wie fein er ihn modulieren kann, all die Details halt, die live schon viel besser rüberkommen.

In der Mitte wurde das Septett aufgebrochen: den „SASSA Jive“ von Hanmer spielte der Pianist im Trio mit Mrubata (ts) und Pickup (bcl – das einzige mal, leider) – und spätestens da war es vorbei mit dem Dornröschenschlaf. Hanmer erläuterte danach das vom Streichquartett allein gespielte „uNtsiki“, ein Stück der Xhosa-Musikerin Nofinishi Dywili, das diese selbst aufgenommen hat, sie begleitet ihren Gesang dabei auf einer Uhadi, der Xhosa-Variante einer Berimbau, also ein Monochord mit einer Kalebasse (Flaschenkürbis) als Resonanzkörper. In seiner PhD-Thesis erläutert Hanmer seine Vorgehensweise beim Arrangement für Streichquartett und Sopran(-stimme), den Solo-Part übernahm heute die erste Geige. Ziemlich toll, wie sich die rohe rhythmische Kraft in schnellen Patterns (das Stück ist hauptsächlich in einem schnellen 13/8-Takt gehalten) auf die einfache Melodie trifft und sich daraus auch immer wieder Verdichtungen, Verschiebungen und eine Art Solo der Violine ergeben. (Mehr zum Stück – inkl. Transkription des Textes und Erläuterung durch Mrubata – in Hanmers PhD-Thesis, S. 16-26).

Den Rest des Konzerts bestritten die sieben dann wieder gemeinsam. In „Sankt Gallen im Herbst“ (die Geschichte zu diesem Stück von Hanmer blieb man uns leider schuldig) und dem gemeinsam mit Mrubata komponierten „Family Meeting #4“ griff Mrubata wieder zur Flöte. Und sein Stück „Ghoema Mumbai“ sorgte zum Abschluss nochmal für gute Stimmung mit richtig satten Grooves und drei schönen Soli (inkl. Pickup an der Klarinette).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #152: Enja Records 1971-1973 – 14.05., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba