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thesidewinderDeren Musik hat bei mir immer einen Schauer über den Rücken gejagt. Und damit meine ich nicht gute Art von Schauer.
Ich habe Rammstein genau einmal länger gehört: als damals die erste Platte rauskam, danach hatte ich keine Lust mehr. Krupps-Abklatsch mit Provokation für’s deutsche Feuilleton, neue Härte für heimatlose Rock-Hörer, mit, immerhin, Sinn für Griffigkeit.
Von daher könnten mir die Vorwürfe gegen die Band, ihr Umfeld und vor allem Lindemann eigentlich herzlich egal sein. Dieses Bild der Bedürfnisbefriedigung, wenn Lindemann hinter den Kulissen herumläuft und sein Ding serienweise in herbei gekarrte Mädels steckt, ist ja von den Medien mit gusto verbreitet worden und kommt dem Bild von Rammstein, was man als Gelegenheitshörer hat, entgegen.
Aber es ist eben nicht egal, denn heute ist es Lindemann, morgen irgendwer anders. Ist egal, Hauptsache clickbait und dann Meinungen von der ekligen Melanie Amman oder von so germanistischen Dampfplauderern wie Rapp, die mittlerweile die Besatzung des Feuilletons ausmachen (Rock ist eine Sache der „Jungs“. No shit. Und warum ist das etwas Schlechtes?).
In Hollywood hat man das jetzt ja so oft durchexerziert, dass neue „Fälle“ keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Irgendwer erzählt auf social media irgendetwas und die Klatschmedien (weit gefasst) „zitieren“ das: Aziz Ansari hat eine Frau beim date rape vergewaltigt und Woody Allen, naja, das wissen wir ja alle, was Juden so tun. In Deutschland funktionierte das Anschmieren über Anzeigen, die im breiten Volkskörper ja mit Verurteilungen gleichgesetzt sind (erinnert sich noch wer an, Rock’n’Roll, Florian Gerster?) Die #me too-Masche scheiterte an deutschen Gesetzen, die eben, glücklicherweise, nicht zulassen, dass man wild Beschuldigungen verbreitet. Vielleicht hat das ja dazu geführt, dass man jetzt gerne im Konjunktiv arbeitet (again: Amman wenn sie zB über Olaf Scholz schreibt), aber social media kennt keinen Konjunktiv und der Unterschied ist aktuell, dass es mit Rammstein eine Band erwischt hat, die aktive Unterstützer hat. Noch ist man mit Anschuldigungen von Seiten der Medien vorsichtig, bloß nicht die falsche (größere) Leserschaft vergraulen.
Was die Musikszene angeht, ist man in den USA schon „weiter“ (beispielhaft hier): Bowie, Zep, Lennon (und natürlich schon wieder Woody Allen). Es gilt das kalifornische Reinheitsgebot (200 Meilen weiter in Nevada sieht es anders aus), „Mädchen“ ist man bis ca 25 und um Gottes Willen nicht handlungsfähig, erst recht nicht, wenn Sex im Spiel ist. Never mind, dass die Mädels aufgedonnert und knapp bekleidet in den Photoshoots (oder in Eigenarbeit auf Insta) sexualisiert werden, Jungfräulichkeit ist heiliges Gut, egal, was das Mädchen will. Und diese Infantilisierung fordert jetzt „Systeme“ ein, in der junge Frauen „geschützt“ sind, egal aus welchen Motiven die zu After-Show-Parties hingehen. Will sagen: Grenzen von Beziehungen welcher Art auch immer sind in den Gesetzen klar geregelt und da wo die Umstände unklar sind, sind sie bei sexuell freien Personen ab 16 eigentlich auch nicht fraglich. Zustimmung ist erforderlich, ist die nicht gegeben, ist es strafbar. Das habe ich auch mit 18 zu wissen, genauso wie dass Autonomie über den eigenen Körper eine nicht verhandelbare (oder gegenüber von Sexgott Lindemann eine sich in Luft auflösende) Sache ist.
Tl, dr: Aufgebauscht, verdreht, hysterisch, nichts Genaues weiß man nicht.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.