Antwort auf: Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert

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herr-rossi
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nicht_vom_forum
Um es mit den Ärzten zu sagen: Das ist nicht die ganze Wahrheit.

Was ist schon die Wahrheit? :) Wenn jemand Laufey Lín Jónsdóttir heißt, in Reykjavik geboren wurde und erste Medienerfolge in Island hatte, darf man sie schon als Isländerin bezeichnen, ihre Landsleute würden nach meinem Eindruck nicht protestieren. Ob man sie nach US-Standards zur „Oberschicht“ zählen kann, vermag ich nicht einzuschätzen, aber sie kommt sicher aus bildungsbürgerlichen Verhältnissen, hat in Berklee studiert, die Mutter ist klassische Violinistin, ihr Großvater Musikhochschullehrer in Beijing, und sie selbst hat eine Radio-Show bei der BBC. Ach so: Pretty privilege kommt noch erschwerend hinzu.:)

Laufey hätte ganz sicher auch so eine blendende Zukunft, aber dass sie als Jazzsängerin eine weltweite junge Followerschaft hat und daher mit ihrer eher traditionellen Musik auf derartige Streaming-Zahlen kommt, hängt doch eher damit zusammen, dass sie eine hervorragende Kommunikatorin ihrer Musik (und ihrer selbst) auf TikTok und Instagram ist, sie ist ein typischer Star der Generation Bedroom Pop.[1]

Sie spricht darüber auch selbst – „I started the Laufey project from my bedroom“. Und sie macht das glaubwürdig nicht aus strategischen Gründen, sondern weil sie selbst ein „Online-Mensch“ ist und es liebt, mit Fans zu interagieren. Am Ende des Clips spricht sie auch darüber, was es für sie bedeutet, alte Musik neu zu interpretieren:

Laufey performs and breaks down her music | Creator Sessions

Interessante Gedanken dazu hat – wie immer – Professor Sky, der über seine Tochter auf Laufey aufmerksam wurde, als jemand, der bis dahin mit Jazz singing nichts anfangen konnte („give me Bob Dylan and Neil Young all day“). Unter anderem weist er auch zurecht darauf hin, dass Billie Eilish keinen geringen Einfluss darauf hat, dass Jazz singing wieder relevant ist:

Professor Sky’s Record Review: How does my daughter love Laufey

Laufey ist ja auch nicht das einzige Beispiel dafür, dass junge Künstler:innnen dank Social Medias erstaunliche Erfolge mit „alter“ Musik feiern, ich denke etwa auch an Molly Tuttle und Sierra Ferrell mit Bluegrass und traditionellem Country. Oder eine klassische Pianistin wie – ebenfalls Berklee-Absolventin – Tiffany Poon, die mit ihren leisen, oft melancholischen Vlogs auch zeigt, dass man sich nicht so inszenieren muss, wie es die Klischees von „Influencern“ behaupten (Inszenierung ist am Ende natürlich alles in der Kunst).

Tiffany Poon – before and after („moving up…“)

[1] Ich nutze den Impuls mal für ein paar lose Gedanken zum Thema …

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