Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

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gypsy-tail-wind
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Meine gestrige Nachtmusik war Chopin mit Bella Davidovich, aus der feinen Box „The Philips Legacy“, in der es einen ausführlichen Text über sie gibt: 1928 in eine jüdische Familie in Baku geboren, Wunderkind, begann mit drei Jahren, beidhändig und korrekt Stücke am Klavier nachzuspielen, die sie im Radio hörte (absolutes Gehör), als sie elf war die Familie nach Moskau, damit sie bei einem Lehrer, der an sich keine Kinder unterrichtete (Konstantin Igumnov). Dann kam der Krieg, erst 1947 ging es wieder nach Moskau, Igumnov starb 1948, sie wechselte zu Jakov Flier, der selbst bei Igumnov gewesen war – und blieb auch nach ihrem Co-Sieg beim 1949er Chopin-Wettbewerb (mit Halina Czerny-Stefańska) 1949 weiter bei Flier. Später unterrichtete sie selber und pflegte mit ihren Schüler*innen denselben Brauch: sie sollten ihre neuen Stücke immer erst ihrer ehemaligen Lehrerin vorspielen, dann sei es leichter, sie öffentlich zu spielen. Ihr Mann starb sehr jung, Davidovich blieb allein, zog den gemeinsamen Sohn gross, Dmitri Sitkovetsky, der ein paar Jahre vor der Mutter in den Westen ging. Sie blieb zurück, bis sie dann auch ihre Mutter und Schwester mitbringen konnte, was erst 1978 gelang. In den USA lebte sie zunächst bescheiden, gab dann aber ein restlos ausverkauftes Debut in der Carnegie Hall, lehrte an der Juilliard School, trat 1988 in der Perestroika als erste Exilkünstlerin wieder in der alten Heimat auf … ein bewegtes Leben. Davidovich ist inzwischen 94 Jahre alt.

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