Antwort auf: Umfrage 2022 – Die besten Alben des Jahres

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krautathaus

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jesseblueOkay, dann mag ich noch einmal kurz etwas zu der Diskussion beitragen, die ich hier anzettelte.

krautathaus Und solange du nicht zwei, drei Songpaare (also je einer mit langweiliger Produktion und einer mit toller Produktion) aus einem vergleichbaren Musikstil aufführst, weiß hier doch niemand von was du überhaupt sprichst.

Gut. Ein namhaftes Beispiel sind Wet Leg. Ihr Debüt hat es hier auf #3 geschafft. Vereinzelte Quellen führen ihre Musik unter Indie und Post Punk. Ihre bekannteste Nummer „Chaise Longue“ brauche ich hier wohl nicht verlinken. Als Vergleich der Track New York, Paris And London der Band HighSchool, veröffentlicht 2021. Ebenso Post Punk/Indie/whatever. Während Wet Leg derart klar abgemischt klingen, sprechen HighSchool in ihrem Sound direkt und unüberhörbar ihre Vorbilder an: die 1980er. Für mich matchen Hochglanzsound und Alternative Music überhaupt nicht. Ich möchte keinen in Pop und Watte verpackten Post Punk hören. Gerade bei alternativer Musik liebe ich die Andersartigkeit. Und 95% der aktuellen Musik, die ich höre, stammt aus diesem Bereich. Weitere Beispiele: Harsh Symmetry – Mirror Twin Surf Curse – Freaks General Experience – Marina ssshhhiiittt! – корабль Hoop Dreams – XCPR Die Lieder haben alle irgendwie und irgendwo in den tiefsten Nieschen ihren Ursprung. Und für mich klingen sie so viel schöner und eigener als all das Bekannte, was in den Charts oder zum Großteil auch hier gelistet wird. Und da Roland als aktuelles Beispiel gern Alvvays anführt, wenn es um den anderen Sound geht: Auch hier sind Julie für mich die viel bessere Wahl, wenn der „Wall of Sound“ angesprochen wird. „Flutter“ knüpft dort an, wo MBV in den frühen 1990ern aufgehört haben. Von der Leine gelassene Soundwälle und keine angeketteten. Alvvays sind mir erneut zu harmlos und poppig. Sometimes habe ich de feeling that ei just wanna grenzing me ab wif de musik. Jeder hat eben seine (merkwürdigen) Vorlieben.

Naja, Wet Leg nehmen halt auch Postpunk (den sie ja nur in bestimmten Songs als Basis verwenden) gar nicht ernst, sondern haben eine ganz eigene Vorstellung von Popsongs und wie sie klingen müssen. Das mag dir soundmäßig nicht gefallen, aber Wet Leg’s Attitüde und Ausstrahlung ist auch eine komplett andere, als die in deinen Songbeispielen. Der augenfälligste Unterschied ist der eigenwillige Humor, der sich ja fast mehr oder weniger durch jeden ihrer Songs zieht und den Post-Punk Apologeten doch eher im Weg steht. Zudem machen Wet Leg erst gar nicht auf cool, sie sind es einfach weil sie nicht wie ihre angeblichen Vorbilder klingen müssen und so ihre eigene Welt erschaffen haben. Wet Leg’s Arrangements sind auch fast durch die Bank deutlich dynamischer, der Beat wird gerne mal unterbrochen, es wird schnell gesprochen, mal sogar geschriehen. Ein weiterer Unterschied zu dem von dir präferierten Postpunk/Indie Beispielen: die würde ich alle als introvertiert bezeichnen, im Gegensatz zu Wet Leg, die eher extrovertiert erscheinen (trotz Hester’s Schüchternheit, das gleichen die Jungs wieder aus). Daher auch die witzigen Videos, die mit allerlei Anzüglichkeiten kokettieren…wie kann man nur…und vor allem sich auch noch über das andere Geschlecht derart lustig machen.

Mich erinnern auch Wet Leg nicht an die 80er sondern mehr an die 90er (i don’t wanna go out). Pavement z.B. haben auch so einen verqueren Humor und die haben es sogar geschafft innerhalb 2 Alben vom verdrucksten Indiesound auf Hi-Fi umzusteigen.

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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko