Antwort auf: Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism, PC & Cancel Culture

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#11850107  | PERMALINK

nicht_vom_forum

Registriert seit: 18.01.2009

Beiträge: 5,857

@.latho: Danke für die Links. Mit einer vorausgeschickten Entschuldigung dafür, dass ich mich über mein eigenes „unabhängig vom Rest der Diskussion“ hinwegsetze (es sollte wirklich keine Falle sein), würde ich doch kurz auf meine Sicht dieser Fälle eingehen. Kathleen Stock und Greg Patton wurden seinerzeit hier ja auch im Forum diskutiert.

lathoFällt mir jetzt aus dem Stand auch keiner in den engen Grenzen auf.

Die engen Grenzen waren allerdings der Punkt.

Ich finde es im Fall Kathleen Stock beispielsweise selbst auch durchaus kritikwürdig, wie sie ihren Status als Philosophieprofessorin (professioneller Schwerpunkt „aesthetics, fiction, imagination,“[1]) nutzt, um ein populärwissenschaftliches Buch zum Thema Gender „Material Girls: Why Reality Matters for Feminism“[2] zu veröffentlichen, Statements wie „Trans women are still males with male genitalia“[1, Zitat 36] abzugeben[3] und für die Auswirkungen auf den Day-Job dann den Woke Mob und die Cancel Culture verantwortlich macht. Da habe ich mit dem Inhalt (nicht der Form!) der Proteste gegen sie eigentlich keine Probleme. Da gilt das gleiche, wie wenn Hans-Georg Maaßen als vermeintliche Privatperson der Bild ein Interview gibt: Ohne seine Position im BfV hätte sich niemand für seine Meinung interessiert und er wäre auf gar keinen Fall auf die Bild-Titelseite gekommen.

Ähnlich verzerrt finde ich die Wokeness-Kritik im Fall Greg Patton. Meine Zusammenfassung dieses Falls wäre die folgende: Schritt 1: „Studenten haben sich beschwert.“, Schritt 2: „Die Universität hat die Beschwerde geprüft.“, Schritt 3: „Die Beschwerde wurde als substanzlos ad acta gelegt.“, Resultat: „Alles in Ordnung, gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen.“. Aus Deinem Link:

The investigation into the professor ended without fanfare on September 25. The university’s Office for Equity, Equal Opportunity, and Title IX concluded there was no ill intent on Patton’s part and that “the use of the Mandarin term had a legitimate pedagogical purpose.”

Aus dem Ruder gelaufen ist hier m. E. primär die weltweite Berichterstattung der Wokeness-Kritiker, die dann China auf den Plan gerufen hat.

Adolph Reed (lohnt sich zu lesen) […] Tiffany Reilly

Entsprechen alle nicht zu 100% deinen Anforderungen, kommen aber nahe.

Adolph Reed scheint mir von einer Art woker damnatio memoriae aber auch noch ein Stück entfernt. Folgendes:

lathobei mehr oder weniger aktiven Canceln in Publikationen (also „Verdammung“ und danach aktives Totschweigen von Veröffentlichungen etc),

kann ich hier auf der Basis dessen, was ich zu dem Fall gefunden habe eigentlich nicht erkennen.

Wirklich bedenklich finde ich von Deiner Liste vor allem den Fall Tiffany Reilly. Ob hier allerdings die Cancel Culture oder das US-Arbeitsrecht das Problem ist, finde ich aus der Ferne schwierig zu beurteilen. (Preisfrage: Stand auf ihrem privaten Facebook-Profil als Beruf „Windsor School principal“?)
Nach Weiterlesen zu dem Fall: Es geht um mehr als um „was fired after making a Facebook post critical of the Black Lives Matter movement“, wie es in dem verlinkten Artikel steht und es wird nicht besser. Der Fall ist tatsächlich nur schwer mit dem Ideal einer freien Gesellschaft vereinbar.

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Kathleen_Stock

[2] Frage: Hätte irgendjeman ohne ihre professionellen Kontakte und Bekanntheit überhaupt einen Verleger dafür gefunden?

[3] Punkt: Auf einer Veranstaltung, zu der sie ohne ihren Lecturer-Status wohl kaum eingeladen worden wäre.

zuletzt geändert von nicht_vom_forum

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