Antwort auf: The Rolling Stones

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deadflowers92

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Spät, aber doch noch würde ich gerne ein paar Worte loswerden zum Konzert letzten Freitag in Wien:

Ich habe gar nicht mehr damit gerechnet, dieses Konzert noch zu besuchen und bin dann mittags spontan über einen Freund, dessen Kollege zwei Tickets abzugeben hatte, doch noch zu einer Karte unverhofft gekommen und das in einer sechsköpfigen Spitzentruppe, die wahre Fans sind und so ein Konzert zu feiern wissen.

Ich habe ja vor ein paar Wochen noch etwas über die starren Setlists lamentiert, aber die Band hat mich wieder mal positiv überrascht und mit Let’s Spend The Night Togehter und Like A Rolling Stone zwei nicht wirklich vorhersehbare Überraschungen gebracht. Ich habe beide schon in Stuttgart 2018 genossen, aber die beiden Nummern gehen immer, die Stimmung war vor Allem nach Let’s Spend sehr angeheizt und es konnte so richtig losgehen. Als Fan Vote-Songs standen Let It Bleed, Dead Flowers, Wild Horses und Sweet Virginia zur Auswahl. Alle habe ich noch nicht live gehört, alle hätte ich liebend gerne zum ersten Mal genossen (wieder komme ich zum Punkt: wie geil müssen diese Abende im Mai ’95 im Paradiso in Amsterdam gewesen sein?) Ich habe für Sweet Virginia gevotet, dachte mir aber, dass es am ehesten Wild Horses wird und so war es dann auch. Auch nicht schlechter…eine der schönsten Balladen, und das nicht nur von den Stones allein, sondern ganz allgemein, wie ich finde. Out of Time war sicherlich das Highlight – welche Band kann sonst behaupten, einen 56 Jahre alten Song erstmals live zu spielen? Sollte das nicht vllt. sogar Weltrekord sein?

Die Band war bestens aufgelegt und in Spiellaune, das Wetter war einfach nur perfekt – ein nahezu strahlend blauer Himmel, mit ein paar wenigen Schleierwolken, die Temperaturen den ganzen Abend über angenehmen im mittleren 20er-Bereich mit einem kühlen Lüftchen hie und da zwischendurch. Was man so liest, soll es in Lyon ja fast scho unertäglich heiß gewesen sein vier Tage später und wenn man den Berichten einiger Besucher im Internet Glauben schenkt, dann dürfte das auch auf die Band etwas Auswirkung gezeigt haben, zudem soll Mick ja seine Stimme verloren haben und Gimme Shelter wurde kurzerhand gestrichen, aber das ist ein anderes Thema.

Mick konnte mit seinem Charme natürlich wie immer punkten – hat uns freudig erzählt, dass er sich am Vorabend „ein paar Ottakringer’s“ (österreichisches Bier, auch bekannt als 16er-Blech) „at the Würstelstand“ genehmigt hat und jetzt ist „seine Diät kaputt“. Der Mann ist einfach Vollprofi und ich kaufe ihm ab, dass er Spaß am Sightseeing hatte und er es genießt, heutzutage vllt. nicht mehr von jedem einzelnen erkannt zu werden (wäre ein eigenes interessantes Thema, das er da auf dieser Tour aufgegriffen hat, sich unters Volk zu mischen in fast jeder Stadt, ich finde es sehr lässig und sympathisch). Auch während der Songs hat er das Publikum im Griff und fängt es immer wieder auf, wenn es droht, abzuschweifen. Erfahrung gepaart mit Charme und Talent, der geborene Frontmann.

Keith war äußerst fokussiert und hat zumeist präzise gespielt, auch wenn ein paar klassische Keith’s dabei waren, etwas im Intro zu JJF. Aber das gehört dazu und ich find’s geil. Ronnie hat auch super gespielt, aber er macht mir etwas Sorgen, wirkt teilweise etwas arg abwesend bzw. in Gedanken verloren, dabei war gerade er es, der jahrzehntelang offensichtlich der Ruhepol und die gute Seele der Band war – ich hoffe es geht ihm gesundheitlich gut und er ist bald wieder der alte stets gut gelaunte Ronnie. Charlie fehlte natürlich, wie soll es auch anders sein, aber Steve Jordan macht seine Sache bestens und wurde von den Fans sofort aufgenommen, was extrem schön war mitzuerleben, ebenso wie jeder einzelne der Mitmusiker wahnsinnig viel Applaus bekommen hat bei den Vorstellungen. Das habe ich leider auch schon anders erlebt auf früheren Konzerten, als Mick Kent Smith beispielsweise vorgestellt hat.

Alles in Allem war das alles wirklich das wahre „No Filter“ wie es mir vorkommt – die Bühne minimalistisch ohne großes Schnickschnack, ebenso die Video Walls, keine Pyro oder andere Spielereien. Die Stimmung war wie geschrieben bestens und viele waren in richtiger Partylaune, aber ich meine verspürt zu haben, dass doch eine kleine Prise Melancholie in der Luft lag, denn dass es diesmal wirklich das allerallerallerletzte Mal sein könnte, das hat man häufig gehört in Gesprächen, die man geführt oder beiläufig mitgelauscht hat. Ja, es war anders als zuletzt in Wien 2014 – damals waren die Stones gerade wieder erst voll in Fahrt, nachdem nach 2007 ja die Stones in einen „fünfjährigen Winterschlaf verfallen sind“ wie Keith es mal so schön ausgedrückt hat und sie dann mit dem 50-jährigen Jubiläum wieder so richtig Gas gegeben haben.

Kommt schon Jungs, nächstes Jahr gibt’s die Forsetzung der Europa-Tournee, ich werde wieder dabei sein, koste es was es wolle!  :yahoo:

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