Antwort auf: jazz in den 1990ern

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friedrich

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vorgarten(…). mich würde ja generell mal interessieren, was du an jazz aus den 90ern kennst – vielleicht magst du das hier auch mal kurz zusammenfassen? muss ja nicht erschöpfend sein, einfach ein paar sachen, die dir damals wichtig waren oder die dir heute wichtig sind.

Uri Caine – Toys (1996)

Dieses Album erschien vor dem Gustav Mahler-Album Urlicht. Und das ist noch eindeutig Jazz, wobei Caine hier verschiedene Schwerpunkte setzt: Da gibt es sprudelnde Stücke mit Latin-Flavor, vier Herbie Hancock-Kompositionen, eine schöne Ballade und zwei Stücke, die sich auf Uri Caines jüdische Identität beziehen. Yellow Stars In Heaven und I’m Meshugah for My Sugah (And My Sugah’s Meshugah for Me). Das Album hat Caine seinen Großeltern gewidmet. Auf der CD sind die beiden abgebildet.

Das ergibt ein ziemlich buntes, aber auch uneinheitliches Bild. Latin Jazz, Holocaust-Gedenken, etwas freiere Improvisationen, Herbie Hancock: Wie geht das zusammen? Eigentlich nicht besonders gut, es hört sich zusammengewürfelt an, als stammen die Aufnahmen von unterschiedlichen Sessions mit unterschiedlichem Konzept. Und so finde ich auch einige Tracks toll, mit anderen komme ich aber nicht klar. Erst mit Nutzung der Programmierfunktion des CD-Players wird für mich ein stimmiges Album daraus.

Herbie Hancocks Cantaloupe Island, hier nur mit Piano und Bassklarinette gespielt, ist eine wunderbares Kabinettstück.

Ich glaube, Uri Caine hat gut daran getan, dass er nach diesem Album zwar sehr unterschiedliche, aber jeweils thematisch / stilistisch klar fokussierte Alben aufgenommen hat. Urlicht war das erste davon.

An hochqualifiziertem Personal wurde hier übrigens nicht gespart: Uri Caine: piano; Dave Douglas: trumpet; Don Byron: bass clarinet; Josh Roseman: trombone; Gary Thomas: flute, tenor saxophone; Dave Holland: bass; Ralph Peterson: drums; Don Alias: percussion.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)