Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Es gibt unterschiedliche Formen von Dialog (das Duell ist eine davon, wobei die Metapher ja auch hinkt – Tote gibt es selbst im übertragenen Sinn nur selten), unterschiedliche Arten der Wahrnehmung dieser Formen, und unterschiedliche Interessenlagen. Ich wollte hier echt niemandem zu nahe treten, mir bedeutet diese Musik nichts (sie spricht nicht zu mir) und da fällt der schnelle Griff zum Zweihänder leichter, er findet unüberlegter statt als anderswo. Entschuldigung. Ich wäre dankbar, wir könnten es dabei belassen. Gerne auch ohne Vorwürfe der Engstirnigkeit – es geht hier ja nicht darum, laufend die vollständige Breite der eigenen Interessen zu verhandeln, sondern zu berichten, was gerade angehört wird, ein paar Gedanken dazu (oder auch keine). Dass sich aus der hier im Lauf der letzten Wochen entstandenen Dynamik einige in Jazz-Aufnahmen, die im Lauf der Neunzigerjahre entstanden sind, vertiefen, sich auch mal eingraben, lang gehegte und auch lang weggelegte Dinge hervorholen, ist jetzt vielleicht echt nicht die diverseste Stunde dieses Fadens – aber es ist doch gerade sehr interessant, dünkt mich, zumindest für jene, die sich aktiv daran beteiligen.

Kenny Barron – What IF? | Vorhin bei mir nochmal das Kenny Barron-Album aus dem letzten Post, dann „What If?“, in der hässlichen Papphüllen-Version. Ich finde hier keinen unmittelbaren Zugang. Die beiden Trompeter – der einzige Wechseln zwischen den Alben, Eddie Henderson beim Live-, Wallace Roney beim Studio-Album – klingen phasenweise arg nach Miles Davis, bei Stubblefield geht es mir immer etwa gleich: ich habe den Eindruck, dass er stets mit einer grossen Ernsthaftigkeit dabei ist, aber auch immer wieder auf einen guten Einfall wartet … ich mag seinen Ton am Tenor unheimlich gerne, bewundere ihn sehr – aber bin auch immer wieder leise frustriert (vielleicht vergleichbar mit meiner Reaktion auf Dewey Redmans Sachen als Leader). Die Rhythmusgruppe ist exzellent, vor allem Cecil McBee hat starke Momente (besonders live). Aber ganz zum Fliegen kommt das für meine Ohren nicht, im Studio eher noch etwas weniger. Das Monk-Stück im Konzert („Misterioso“) finde ich ziemlich super, den Closer des Studio-Albums – „Trinkle Tinkle“, solo – finde ich dann umso irritierender, das klingt für mich so dahingenudelt, fast roboterhaft gleichmässig.

An Evening with Lena Horne. Live at The Supper Club | thelonica hörte neulich was von Horne an – das erinnerte mich an diese CD, meine einzige späte von Horne, ein schöner Live-Mitschnitt aus New York, 19. September 1994, mit Mike Renzi (p/synth), Rodney Jones (g), Ben Brown (b), Akira Tana (d) und auf fünf der sechzehn Stücke den Bläsern des Count Basie Orchestra – vermutlich Renzi arrangiert, dazu steht nirgendwo was, aber er wird als „musical director“ geführt. Das ist ziemlich gut, aber nicht immer ganz so gut intoniert, wie ich es mir wünschte. Aber macht Spass!

PS: Sax-Solist – u.a. in „Just One of Those Things“ – einem Track ohne die Basie-Leute – spielt wohl Donald Harrison. Horne nennt ihn in der Ansage (#14 meiner CD, fehlt aber im Tracklisting) vor dem nächsten Stück („We’ll Be Together Again“, gleich wieder mit einem Sax-Solo – aber hier sind dann die Basie-Bläser und vielleicht einer von ihnen der Solist?) … sein Name taucht im Booklet nicht auf aber in seinem Wiki-Eintrag findet sich die DVD-Version des Horne-Konzerts in den Credits:
https://en.wikipedia.org/wiki/Donald_Harrison

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba