Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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vorgarten

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abbey lincoln, who used to dance (1997)

der erste ton hier ist von steve coleman, was damals eine große überraschung war, denn das hier war sehr weit weg von der musik, die er selbst 1997 gespielt hat. der fan, der in den 80ern bei lincoln eingestiegen war und ihr eine junge band für das enja-album zusammengestellt hatte, kommt wieder vorbei, spielt drei tolle soli (gleich das erste gehört zu den besten, die ich von ihm kenne), verziert das lincolnsche atemholen zwischen den strophen, und zusammen spielen sie eine weitere schöne version von „street of dreams“ in diesem jahr ein (das von merrill hab ich dabei noch im ohr). auf dem ganzen album ein altsaxofonisten-chor, frank morgan agiert etwas weniger sensibel, der junglöwe riley t. bandy III (dessen karriere danach auch nicht mehr losging) eher verschüchtert, sehr toll dagegen oliver lake und am ende, versteckt, justin robinson. lincoln hat dazu ihre band verjüngt, marc cary ist erstmals dabei, michael bowie und abwechseln alvester garnett und aaron walker, sie begleiten cool und unterstützen das drama. viele songs of lost love hier, das bitterste (und tollste), „love has gone away“, hört sich wie eine quintessenz der ehe mit roach an, hat aber eine kluge pointe, zwei andere songs sind von r.b.lynch, einem us-songwriter, der in rio lebt, keine ahnung, wie lincon auf den gekommen ist. zum schluss die coole großstadthymne „the river“, die war schon damals auf dem enja-album, lincoln wechselt zwischen rezitation und gesang, während die bläser, darunter graham haynes, ein paar hupen und sirenen simulieren und zwei backgroundsänger durcheinanderquatschen. ein blick aus dem weltraum auf das treiben in new york, als hätte lincoln gar nichts mehr damit zu tun.

etwas später ging lincoln nochmal ins studio, vielleicht waren zu viele balladen auf dem album, jedenfalls nimmt sie mit ihrer entfesselten band und dem tenoristen julien lourau noch eine ziemlich umwerfende version vom tambourine man auf, die nun sehr aufreizend im zentrum sitzt und einen schönen dialog mit dem titelsong aufnimmt, who used to dance, über die kulturelle enteignung von natives, von einem stepptänzer begleitet. tamburin und tanz, bei all dem drama muss es bewegung geben.

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