Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Ralph Moore hat zwei Alben für Landmark eingespielt, das (letzte?) Label von Orrin Keepnews – netterweise weiss Wiki, wie das mit den Katalogen lief: 1993 kaufte Muse den von Landmark, 1996 übernahm Joel Dorn mit 32 Jazz dann Muse, bis 2003 alles an Savoy ging (wo aber nicht mehr viel lief).

Das erste Album, „Images“, entstand schon 1988, zu hören sind Benny Green, Peter Washington, Kenny Washington, auf der Hälfte der acht Stücke Terence Blanchard und auf einem der vier Stücke, „Episode from a Village Dance“, auch noch Victor See-Yuen an den Congas. Bei den Verdankungen wird Don Sickler erwähnt („rehearsal space and repertoire ideas“), zudem Bobby Hutcherson „for being the first to call my attention to Ralph“ – ich nehme an, da spricht Keepnews, der nicht nur Produzent sondern auch Toningenieur war.

Moore kam ja in London zur Welt, und das auch schon 1956, er war also etwas älter als viele der Young Lions, hatte vor den beiden Landmark-Alben schon eines für Reservoir gemacht (ganz interessantes Line-Up zwischen Blakey und den Lions: Brian Lynch, Kevin Eubanks, Green, Rufus Reid und Kenny Washington). Moore kam 1972 in die USA zu seinem Vater, zog ca. drei Jahre später nach Boston, um in Berkeley zu studieren, wurde dann über überfallen, angeschossen, machte nie einen Abschluss. 1980 zog er nach New York, inzwischen Berufsmusiker, 1981-85 spielte er bei Horace Silver, fast zeitgleich auch mit Roy Haynes, danach u.a. mit Gillespie, Hubbard und Gene Harris. 1988 wirkte er auch bei den Live-Aufnahmen von J.J. Johnson mit, die im Village Vanguard entstanden – auch eine Art Comeback, nach Jahren in der Anonymität der Film- und TV-Studios („Quintergy“ und „Standards“, zwei exzellente Alben). Ob ich ihn dort oder auf Kenny Barrons „Other Places“ (1993 aufgenommen) erstmals hörte, weiss ich nicht mehr, aber ich fand sein Spiel immer ansprechend und habe letztes Jahr neben dem Landmark-Set auch noch „Rejuvenate“ (Criss Cross, auch 1988 aufgenommen) gekauft. Seine Vorbilder waren zunächst Stanley Turrentine, Sonny Stitt und Charlie Parker, bevor er Coltrane entdeckte. ich glaube, diesen Mix kann man auch hier noch einigermassen hören, auch wenn Coltrane so einiges überdeckt. Mich dünkt, diese drei Alben von Moore (mehr von ihm als Leader kenne ich nicht) entspannter als so vieles aus der Zeit, er wirkt wohl tatsächlich reifer, hat auch ein paar schöne Stücke augewählt („This I Dig of You“ von Mobley, „Punjab“ von Henderson, das Percussion-Stück stammt vom Pianisten Donald Brown, ein anderes vom Pianisten Rodgers Grant, der eine Weile bei Mongo Santamaria spielte), J.J. Johnson („Enigma“) und Elmo Hope („One Second, Please“) sind auch noch vertreten, und natürlich gibt es ein paar Originals. Für meine Ohren klingt das zwar sehr traditionell, dabei aber unverkrampfter als die erste Generation der Lions, und irgendwie auch offener.

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