Antwort auf: Umfrage – Die 20 besten Tracks von Fairport Convention

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stefane
Silver Stallion

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Fairport Convention – Das Jahr 1969 – Triumph und Schmerz


(Fairport Convention, Ende 1968 [von links nach rechts: Ian MacDonald, Simon Nicol, Ashley Hutchings, Martin Lamble, Sandy Denny, Richard Thompson])

1969 sollte für die Band ein wegweisendes Jahr werden, mit drei epochalen Alben, aber auch einem Unglücksfall, der die Band fast auseinanderbrechen ließ.

Das Debütalbum hatte sich nicht sonderlich gut verkauft. Der Vertrag mit Polydor wurde aufgelöst und die Band fand mit Island Records ein neues Label, das sie bis Mitte der Siebziger begleiten sollte.
Bereits Mitte 1968 war Judy Dyble ersetzt worden durch Sandy Denny, die zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem schottischen Folksänger Alex Campbell und dem englischen Folkmusiker Johnny Silvo Aufnahmen gemacht, aber natürlich auch mit den Strawbs zusammengespielt hatte.

Dieses Lineup – Sandy Denny, Ian MacDonald, Richard Thompson, Ashley Hutchings, Simon Nicol und Martin Lamble – nahm dann in der zweiten Jahreshälfte 1968 wieder im Sound Techniques Studio in Chelsea und den Olympic Studios in Barnes/London das zweite Album What We Did on Our Holidays auf, das dann im Januar 1969 veröffentlicht wurde, und mit „Meet on the Ledge“ vielleicht auch die Hymne von Fairport Convention enthielt.

Das Album sollte mit seiner Mischung aus wunderbaren Versionen und Neuinterpretationen traditioneller Folksongs, Covers anderer Songwriter, aber auch den von nahezu allen Band-Mitgliedern beigesteuerten originalen Songs zur Blaupause für die nächsten Alben werden.
Dazu Sandy Denny, die – obwohl sie in Summe nur 18 Monate mit Fairport Convention verbrachte – für viele die unvergängliche Stimme von Fairport Convention bleiben sollte: In den Erinnerungen von Simon Nicol an die Audition von Sandy Denny: „… it was a one horse race really … she stood out like a clean glass in a sink full of dirty dishes“. (https://www.bbc.co.uk/radio2/soldonsong/songlibrary/indepth/whoknows.shtml)

Kaum war „What We Did on Our Holidays“ veröffentlicht, waren Fairport Convention schon wieder im Studio für die Aufnahmen zu ihrer dritten Platte Unhalfbricking.
Bereits zu Beginn der Sessions (er ist lediglich noch auf „Percy’s Song“ zu hören) verließ Ian MacDonald die Band bzw. wurde gegangen, auch aufgrund von Differenzen zur musikalischen Ausrichtung, zu denen Ian MacDonald in einem Interview mit Richie Unterberger mal sagte: „… but I felt much safer exploring the West Coast material that Fairport had abandoned in favour of folk.“ (http://www.richieunterberger.com/matthews.html) Nicht lange danach sollte er mit „Matthews‘ Southern Comfort“ sein Debütalbum veröffentlichen (auf dem dann auch wieder Richard Thompson, Simon Nicol und Ashley Hutchings mitwirken sollten). But that’s another story.

„Unhalfbricking“ wurde also im wesentlichen eingespielt vom Lineup Sandy Denny, Richard Thompson, Ashley Hutchings, Simon Nicol und Martin Lamble. Aber auch ein paar Gäste waren dabei: Dave Swarbrick, Trevor Lucas und Dave Mattacks, die alle im weiteren Verlauf der Geschichte von Fairport Convention noch eine Rolle spielen sollten, worauf wir noch eingehen werden.

„Unhalfbricking“ wurde dann im Juli 1969 endlich veröffentlicht, mit dem ikonischen Cover, das Sandy Dennys Eltern Neil und Edna Denny vor dem Haus der Familie in Wimbledon zeigt, wobei die Band durch den Gartenzaun im Hintergrund zu sehen ist. In der Ferne die St. Mary’s Church in Wimbledon.

Als die Platte erschien, war ein Bandmitglied schon nicht mehr am Leben. Im Mai 1969 verunglückte der Van der Band auf dem Heimweg von einem Auftritt in Birmingham auf der Autobahn M1. Der Drummer Martin Lamble, noch keine 20 Jahre alt, und Jeannie Franklyn, die Freundin von Richard Thompson, kamen dabei ums Leben. Der Rest der Band erlitt teils schwere Verletzungen. Sandy Denny war nicht in den Unfall involviert, da sie getrennt von der Band mit Trevor Lucas gefahren war.


(Martin Lamble, 1969)

Der Unfall und seine Folgen hätten beinahe zum Split der Band geführt, die sich am Ende dann aber doch für ein Weitermachen entschied. Simon Nicol sagte dazu mal: „We all felt psychologically traumatised as well as being damaged physically. But by the time Ashley’s face was back together and Richard’s bones were healing, we’d decided to rebuild the band and carry on.“ (https://folk-this.tripod.com/sunday13thmay1969.html)

Dave Mattacks ersetzte Martin Lamble an den Drums, und Dave Swarbrick – der auf „Unhalfbricking“ bereits in einer Gastrolle zu hören gewesen war – wurde regelmäßiges Mitglied von Fairport Convention und sollte mit seinem Spiel an Violine und Mandoline sowie seiner Vertrautheit mit traditionellem englischem Folk das nächste Album maßgeblich beeinflussen.


(Fairport Convention, Ende 1969 [von links nach rechts: Dave Swarbrick, Richard Thompson, Dave Mattacks, Ashley Hutchings, Simon Nicol, Sandy Denny])

Im Oktober 1969 ging es dann also – mit dem Lineup Sandy Denny, Dave Swarbrick, Richard Thompson, Simon Nicol, Ashley Hutchings und Dave Mattacks – wieder ins Sound Techniques Studio in Chelsea für die Aufnahmen zur vierten Platte Liege & Lief.
Das Album enthielt vorwiegend Neuinterpretationen traditioneller Folksongs, aber auch zwei eigene Kompositionen der Gruppe („Come All Ye“ und „Crazy Man Michael“), die in einem ähnlichen Stil gehalten waren.

Als die Platte dann im Dezember 1969 erschien und dieses für Fairport Convention so prägende Jahr abschließen sollte, hatten sowohl Sandy Denny als auch Ashley Hutchings die Band verlassen.
Sandy Denny gründete die großartigen Fotheringay, die dann Anfang 1970 auch schon mit den Aufnahmen zum selbstbetitelten Debütalbum beginnen sollten.
Ashley Hutchings formierte mit Maddy Prior, Tim Hart, Terry Woods und Gay Woods Steeleye Span, um kurz danach die Aufnahmen für das Debütalbum „Hark! The Village Wait“ in die Wege zu leiten.

Zu Beginn des neuen Jahrzehnts mußten sich Fairport Convention damit mal wieder teilweise neu erfinden. Wie dies gelang, werden wir im Folgenden sehen.

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"Bird is not dead; he's hiding out somewhere, and will be back with some new shit that'll scare everybody to death." (Charles Mingus)