Antwort auf: james 'blood' ulmer

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vorgarten

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ich trage mal kurz zusammen, was ich bisher gehört (bis 1978) und gelesen habe.

st. matthews, south carolina, 1953

Vom Gospel South Carolina’s zum Doo-Wop in Pittsburgh, Pennsylvania 1940 – 1960

James Ulmer wurde im Februar 1940 (nicht wie oft geschrieben 2 Jahre später) in einem kleinen Dorf in South Carolina, USA, als Sohn eines Predigers geboren. Er trat mit seinem Vater und seinen Brüdern in einem Gospel-Quartett auf, in dem er die Gitarre spielte. Obwohl der junge James Ulmer es kaum erwarten konnte musikalisch wie auch sonst seine eigenen Wege zu gehen und obwohl er in dem Quartett strikte Anweisungen seines Vaters zu befolgen hatte, bezeichnet sich Ulmer als Gospel-Gitarrist und weder als Jazz- noch Blues-Gitarrist:
„Anfang der 1970er Jahre spielte ich mit (dem Schlagzeuger) Art Blakey (1919-1990); da war mein Spiel am nächsten am Jazz, aber ich hatte nicht sehr viele Möglichkeiten oder längere Zeiträume, in denen ich das spielte, was allgemein unter Jazz verstanden wird….mein Geburtsort, in dem ich bis zum Teenager-Alter lebte, hatte kaum Blues zu bieten und da mein Vater Prediger, war Blues soundso Tabu.“
Mit 17 Jahren verließ Ulmer South Carolina und lebte mit einem Bruder bei seiner Tante in Pittsburgh (hatte 1960 ca. 600.000 Einwohner), die ihn nach kurzer Zeit nahe legte, sechs Dollar Miete pro Woche aufzubringen, wie sei ihr egal, solange es nur ehrlich verdientes Geld sei. Da die bei den damaligen Jugendlichen – schwarz wie weiß – die angesagte Musik damals Doo-Wop war und Ulmer bereits Erfahrung als Gitarrist in Gesangsgruppen hatte, stieg er bei den Del-Vikings als Gitarrist für die Dick Clark Caravan Tour ein. Dick Clark war der Moderator von American Bandstand, einer der bekanntesten Musiksendungen im US-TV. Die Del-Vikings hatten sich 1955 in Pittsburgh gegründet, als sie bei der US Airforce stationiert waren und hatten sowohl schwarze wie weiße Sänger, was damals doch eher eine Ausnahme war. Im Jahr 1957 hatten sie mit Come go with me einen Millionen-Hit gelandet, denen zwei weitere folgen sollten: Whispering Bells und Cool shake. (…) Umbesetzungen wegen Versetzungen ins Ausland und ungültige Plattenverträge der minderjährigen Del-Vikings führten schließlich dazu, dass sich zwei Gruppen unter diesen Namen bildeten und sich James Ulmer einer dieser für die erwähnte Tour anschloss.

(frank matthias)

die geburtsstadt st. matthews hat heute ca. 2000 bewohner und liegt im einflussgebiet von columbia, das in den 1930ern so aussah:

eartha kitt ist auch in st. matthews geboren, die war allerdings anfang der 1940er bereits auf dem weg zum broadway. die southern-gospel-tradition ist mir nicht allzu vertraut, die vokalgruppen hatten zwar in der regel eine instrumentale begleitung, aber nicht unbedingt gitarre. aber hier z.b., bei einer der bekanntesten gospelvokalbands der 40er und 50er, den jubilaires (die man manchmal auch schon im proto-rap-kontext erwähnt), taucht eine gitarre auf, deren rudimentäre rolle man hier gut heraushören kann:

was doo-wop angeht, kann man hier nachvollziehen, wie die gitarre eingesetzt wurde:

(1957, also kurze zeit, bevor ulmer zu den del vikings dazustieß)

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