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Peter Pan (Clyde Geronimi et al.; 1953)
Das letzte Werk dieser Trilogie an länger geplanten, produzierten und auf Veröffentlichung harrenden Filmen ist Peter Pan, basierend auf dem Stück und dem Roman von J. M. Barrie. Die beliebte Geschichte vom Jungen, der nicht erwachsen werden will, war prädestiniert für eine Disney-Adaption und Walts erste Versuche, die Rechte zu sichern, gehen bereits bis 1935 und damit vor die Veröffentlichung von Snow White zurück.
Als Peter Pan 18 Jahre später – hinter Cinderella und Alice gedrängt – schließlich veröffentlicht wurde, hatte der Film schon unterschiedliche Phasen seiner Produktion durchlaufen. Zwischenzeitlich wurden auch Mary Martin, die in einem Bühnenstück von Peter Pan die Hauptrolle spielte, und Cary Grant um ihre Stimmen gebeten. Letzten Endes nahmen diese aber der junge Disney-Veteran Bobby Driscoll als Peter, der bis dato immer nur von Frauen gespielt und gesprochen wurde, sowie Alice-Stimme Kathryn Beaumont als Wendy ein. Für Driscoll sollte diese Rolle nach Jahren des Kinderstar-Ruhmes seinen letzten bedeutenden Auftritt in der Öffentlichkeit markieren, bevor ihn sein persönlicher Niedergang Anfang 30, gezeichnet von Drogenmissbrauch und Mittellosigkeit, in einen frühen Tod führte.
Nicht ganz so düster wie die Geschichte von Bobby Driscoll, dessen Leichnam 1968 in einem verlassenen Mietshaus von zwei Kindern gefunden wurde, ist jene von Peter Pan. Zwar befanden sich durchaus einige finstere Szenen in früheren Versionen des Drehbuchs, doch wurden diese mit Blick auf das Zielpublikum wieder entfernt oder angepasst. Das ändert aber nichts daran, dass ein gewaltsamer Unterton dem finalen Produkt anhaftet und unter den leuchtenden Farben durchsickert. Immerhin gibt es ja auch ein hungriges Krokodil, das Lust auf mehr hat als auf die verspeiste Hand von Captain Hook oder zwei Szenen, in denen sich dieser Hook eines Mitglieds seiner Crew entledigt. Dies geht zwar in dem bunten Klamauk klarerweise unter, deutet aber doch den ursprünglich intendierten Spirit des Filmes an.
Problematischer ist da schon die Darstellung der Indianer, die ich im Vergleich zu jener der Krähen in Dumbo wirklich unangemessen finde und die diese nicht nur mit allen Klischees und Stereotypen zukleistert, sondern wie Vollidioten porträtiert. Sollte man heute freilich nicht zensieren, sondern mit entsprechenden Disclaimern auf die junge Welt loslassen.
Und sonst? Sonst ist Peter Pan ein höchst unterhaltsamer Abenteuerfilm mit für die Studios bis zu diesem Zeitpunkt ungewöhnlich hohem Action-Anteil. Ständig wird irgendwo gekämpft oder gestritten. Es wird aber auch in stiller Einsichtigkeit den Vorzügen einer Mutter reminisziert. Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass Peter Pan für mich nicht ganz so gut gealtert ist wie andere Filme dieser Ära. Der episodenhafte Charakter, der Alice in Wonderland zu so einem magischen Meisterwerk gemacht hat, wirkt hier mitunter ein bisschen gehetzt. Auf den wunderbar inszenierten Auftakt in London und die Reise ins Nimmerland folgt eine eilige Aneinanderreihung von Szenen und Schauplätzen, die zwar fesselt, aber den emotionalen Bezug zu den Figuren erschwert. Der Star der Show ist aber ohnehin Captain Hook, der den Run von toll gezeichneten Antagonisten seit der Rückkehr zu Spielfilmen prolongiert.
Wiewohl Peter Pan nicht mehr in der Liga meiner allerliebsten Disney-Filme mitspielt, ist das selbstverständlich nichtsdestotrotz ein ganz tolles Werk mit viel Charme, Humor und einem Nimmerland, in dem man sich als Kind in seiner Fantasie komplett verlieren kann. Für Disney bedeutete der Film übrigens nicht nur die letzte Veröffentlichung durch Hollywoods RKO, bevor der selbst gegründete Buena Vista-Verleih zum Einsatz kam, sondern auch das Ende der Zusammenarbeit mit Mary Blair, die den letzten drei Filmen ihren Stempel aufgedrückt hatte und nun eine unabhängige Karriere in Angriff nahm. Ich bedanke mich für die großartige Arbeit!
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