Antwort auf: Return of the GrievousAngel: Persönliche Schätze aus der weiten Welt der Kunst

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NEKO CASE – Fox Confessor Brings the Flood (2006)

„I was really inspired by fairy tales on this record, so I wanted to make stories that were more like fairy tales than modern-day stories. Things that were a little more fantastical, with characters like animals who talk and whatnot, ‚cause I was always really attracted to those kinds of things in stories.“

Es dürfte eine Zeit vor meiner Forums-Zugehörigkeit gegeben haben, da war Neko Case noch ein heiße(re)s Thema hier. Ein Blick auf die von pipe-bowl gewohnt exzellent geführte Auswertung der Jahreslisten der Forumianer offenbart zwar, dass keine ihrer LPs aktuell eine Top 10 der Allgemeinheit schmücken darf, aber zumindest Blacklisted war hier soweit ich das bislang mitbekommen habe ein hochgeschätztes Album.

Ich persönlich zähle Case zu meinen 3-4 liebsten Sängerinnen und ihr 2006 veröffentlichtes Fox Confessor Brings the Flood zu den besten Platten, die jemals erschienen sind. Auf dieser findet ihre Vision einer Country-Noir, einer in der genuin amerikanischen Musik verwurzelten Country-Spielart mit düsterer Tönung, ihren künstlerischen Höhepunkt.

Dafür hat sich Case auch noch einmal ein Stück weiter von den gängigen Songstrukturen entfernt. Bereits am Vorgänger Blacklisted nahm sich die Sängerin einige stilistische Freiheiten, hier pfeift sie über weite Strecken auf das übliche Strophe-Refrain-Strophe-Schema. Das führt nicht zuletzt dazu, dass Fox Confessor Brings the Flood ein in höchstem Maße spannendes und unergründliches Werk ist, dessen kleine magische Fein- und Eigenheiten immer wieder aufs Neue eine überraschende und faszinierende Wirkung evozieren. Zwischen mystischer Folklore, 50s-Pop-Anleihen und Gospel ist alles erlaubt und nichts so wie es scheint.

Während die Backingband mit Mitgliedern von Calexico und Giant Sand oder dem legendären The Band-Veteranen Garth Hudson ein bemerkenswertes, absorbierendes Soundbild kreiert, ist es primär nichtsdestotrotz eine One-Woman-Show. Ganz egal ob Case die beiden Frauen Margaret und Pauline vergleicht, dem Spatzen eine vergebliche Warnung ausspricht oder ukrainische Zeilen trällert, ihr Gesang ist auf dem Zenit ihrer Kunst und erhellt in ihrer wärmenden Strahlkraft auch die dunkelsten Ritzen eines Herzens. Den Höhepunkt der fantasievollen Exzentrik erreicht Case am unheilvoll anmutenden Titeltrack, einer atmosphärisch schwebenden Ballade, auf der sie der Menschheit ihr Verderben ankündigt, während die Düsterheit schließlich im unbehaglichen Dirty Knife ihren gespenstischen Lauf nimmt.

Die vierte LP von Neko Case ist ein grandioses Gesamtkunstwerk, das sich anfangs vielleicht sperrig und widerspenstig gibt, bei einer intensiven Befassung aber seine Pracht und Schönheit letztlich in vollem Ausmaß entfaltet. Während meinem Zivildienst 2012 habe ich mich daran für meine Verhältnisse überraschend ehrgeizig und unermüdlich abgearbeitet und wurde dann für meine Mühen belohnt. Heute höre ich meinen geliebten Fox Confessor zwar nicht mehr so oft wie damals, allerdings stets mit vollstem Genuss.

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