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KANYE WEST – My Beautiful Dark Twisted Fantasy (2010)
Wie die meisten Leute hier neige auch ich dazu, mich zu wiederholen. Um meine Standpunkte deutlich zu machen und gelegentlich auch um ein bisschen die Werbetrommel zu rühren. Wer in den vergangenen mehr als acht Jahren über den einen oder anderen Post aus meiner digitalen Feder gestolpert ist, müsste folgendes über mich wissen: ich komme aus Wien, befasse mich nicht zuletzt dank meinem mittlerweile auch schon ein paar Jahre zurückliegenden Studium ganz gerne mit Japan und halte Kanye West für den größten und wichtigsten Künstler des aktuellen Jahrhunderts, nein Jahrtausends! Während seine Diskographie längst nicht (mehr) makellos ist und sich in den letzten Jahren einige Schrauben weiter gelockert haben dürften, reicht eigentlich ein einziges Album, um ihm diesen Status zusprechen zu können.
Ich war noch Schüler, als am 22. November 2010 My Beautiful Dark Twisted Fantasy veröffentlicht wurde und in meinem Leben einschlug wie ein Komet. Ich erinnere mich, dass ich mir das Album direkt am ersten Tag aus dem Netz gesaugt (und später selbstverständlich als CD und LP besorgt 😉) habe, obwohl ich nach dem vorangegangenen 808s & Heartbreak nicht die größten Erwartungen hatte. Ich weiß nicht, wie sich Menschen gefühlt haben müssen, die am Erscheinungstag von Highway 61 Revisited, The Gilded Palace of Sin oder London Calling bereits am Start waren und ob sie gespürt haben, dass sie da gerade Teil von etwas ganz Großem geworden sind, aber ich wusste in diesem bislang einzigen Fall, dass hier ein riesiger Klassiker der Musikgeschichte geboren war.
Wests fünfte LP ist die Krönung seines Lebenswerks und eine ambitiöse Melange aus allen Eigen- und Errungenschaften, die seine Alben davor ausgezeichnet haben, von den Soul-Anleihen des Debüts bis zur Elektro-Extravaganz von 808s & Heartbreak. Die Produktion ist aber sowieso nicht von dieser Welt. Während z.B. Graduation – ein formidables Album, no less – nicht ganz vorteilhaft gealtert ist und sein Erscheinungsjahr (2007) sehr deutlich vor der Brust trägt, paradiert My Beautiful Dark Twisted Fantasy ganz dem pompösen Titel entsprechend in prunkvollem und glücklicherweise zeitlosem Selbstverständnis. Die Arrangements sind pompös und im besten Sinne reich an luxuriösem Bombast, die zahlreichen Gäste, die das Album veredeln, gehen an ihre Grenzen und mittendrin ist da dieser Kanye auf dem Zenit seines Schaffens, bevor seine ohnehin beschränkten Rap-Fähigkeiten parodiehafte Züge annehmen sollten. Geschickt eingepflanzte Samples von u.a. King Crimson, Orchester, ein Auftritt von Chris Rock, bei dem ich auch beim hundertsten Mal noch herzhaft schmunzeln muss, Nicki Minaj im Monster-Modus und mit Runaway auch noch der größte Track unserer Zeit – Herz, was willst du mehr?
My Beautiful Dark Twisted Fantasy ist eines der drei Alben, die ich in meinem Leben am öftesten gehört habe, mein Standardwerk für jeden passenden Anlass zum Tanzen und Breakdancen in der eigenen Wohnung und vielleicht das Werk, das mich in diesem Leben noch am intensivsten begleiten wird. Seit seinem Release vor mittlerweile über elf Jahren ist die Platte fest in meiner Top Ten verankert und ich wüsste nicht, wie sich das zeitnah ändern könnte. Ich möchte das Album jedem ans Herzen legen, der sich nicht an seinen Vorurteilen verschluckt und sich wie ich auf der immerwährenden Suche nach den wenigen perfekten Werken befindet, die bis heute das Licht der Welt erblickt haben. MBDTF ist intensiv, schwelgerisch, verbindet altbewährte Hip Hop-Tugenden mit Pop-Grandezza und berstet vor sprudelnder Kreativität – ein Jungbrunnen grenzenloser Schönheit.
Yeezy taught you well…
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