Antwort auf: 2021 – Erwartungen und erste Eindrücke

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friedrich

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Kommt ein bisschen spät, ich weiß, aber … ich habe – wie immer – auch im Jahr 2021 Tonträger aus völlig unterschiedlichen Zeiten erworben. Zwangsläufig kam dabei die Gegenwart etwas kurz, so dass ich nicht mal eine Alben-Top 10 benennen könnte. Aber ein paar Alben aus 2021 habe ich doch erworben.

Teil 1

Facta – Blush

Bereits 2020 entdeckte ich das junge Label Wisdom Teeth und verfolge seitdem dessen Veröffentlichungen. Factas (alias Oscar Henson aus London) Blush ist nach K-Lones Cape Cira (2020) erst das zweite Album auf diesem Label überhaupt und auch wie jenes ein kleines Schmuckstück. Beim ersten Track hört man etwas Wassergeplätscher und Vogelgezwitscher und man befürchtet schon, dass das hier Muzak für die heimischen Entspannungsübungen ist. Aber das ist nur der Auftakt für die leichte aber raffinierte Electronica auf Blush. Das kommt halt doch irgendwie vom dance floor her, aber ohne jegliche Aufdringlichkeit, pulsiert heiter und gelassen in hellen Pastellfarben, wie sie das Cover zeigt. Schön luftig groovend und voller Klangreichtum.

Tristan Arp – Sculpturegardening

Das insgesamt dritte Album auf Wisdom Teeth stammt von Tristan Arp, einem in Mexiko City (!) lebenden us-amerikanischen Elektro-Tüftler. Sculpturegardening geht noch etwas weiter als Factas Blush. Titel wie Pond In Moonlight, A Clearing (In Empty Space) oder Cloud Surface sagen schon viel über die Stimmung dieses Albums. Das klingt wie in Musik übersetzte Naturbeobachtungen: Blätter rascheln im Wind, das Sonnenlicht schillert, ein Bach sprudelt, Regentropfen bilden Ringe auf einem Teich, Wolken ziehen am Mond vorbei, Nebel. Und das empfinde ich hier nicht als kitschig und sentimental, sondern als sinnlich und entspannt. Tristan Arp hat sich bei der Aufnahme tatsächlich vom Gärtnern inspirieren lassen, und so wirkt das auch sehr organisch. Und als kleine klangliche Sensation taucht hier etwas ebenso völlig unerwartetes wie passendes auf: Tristan Arp webt ein Cello in die ansonsten rein elektronischen Klänge ein. Selten habe ich den warmen und herben Klang eines Instruments als so schön empfunden.

Roman Flügel – Eating Darkness

Das kommt aus einer ganz anderen Richtung, nämlich aus Frankfurt/M. Und Roman Flügel ist auch keine Neuentdeckung für mich. Der ist schon seit Jahrzehnten aktiv und pendelt zwischen Tanzflächenkracher und Ambient, zwischen pathetischen Klanggebilden und Stille, Experiment und gekonnter Routine. Gerade diese manchmal überraschenden Extreme begeisterten mich immer wieder bei ihm. Leider macht Eating Darkness da eine Ausnahme. Das klingt alles irgendwie gewohnt, ohne dass es mal in die eine oder andere Richtung allzu weit ausschlägt. Keine Überraschungen, keine Höhe- oder Tiefpunkte, manches ganz schön, alles ganz nett, kann mich aber nicht begeistern.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)