Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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vorgarten

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keith jarrett trio, yesterdays

ein paar tage nach den freien tokio-konzerten in der gleichen stadt entstanden (also 2001), kam aber erst 2009 raus, zum 25-jährigen band-jubiläum. höre ich heute zum ersten mal, nach der blue note box hatte damals alles einen schweren stand, und beim reinhören in die konzerte aus paris, montreux und münchen dachte ich, ich hätte das neue konzept des trio kapiert und bräuchte davon nicht mehr.

tatsächlich geht hier nochmal was neues auf, in der inklusion von veritablen shownummern („you took advantage of me“) und ziemlich rohen bebop-sachen („shaw’nuff“), bei denen jarrett seine linke hand sehr abstrakt einsetzt, mit ragtime-versatzstücken oder koketten ruhepausen, das kickt mit den beiden begleitern zusammen ziemlich gut. ungewöhnlich der opener, „strollin'“ von horace silver aus 1960, ein hardbop von der stange, wie zum warmspielen. die balladen sind toll hier, „yesterdays“ ist ein band-highlight, „you’ve changed“ und „smoke gets in your eyes“ fließen so warm in den raum, das einem die ornamente gar nicht mehr bewusst werden. aber etwas hieran langweilt mich auch – die sachen im mittleren tempo kommen konventionell daher, ohne die harmonischen ausbrüche, ohne die phasenweisen swing-dekonstruktionen, die dejohnette im blue note so kultiviert. alles bleibt brav unter 10. kein freies abheben. und: peacock, der walking-bass zu bebopstücken spielt, finde ich für ihn fast eine zumutung.

am ende ein kleiner bandwitz als zugabe. beim soundcheck zu einem konzert (auf dem sie dann aber freie sets spielen, die auf ALWAYS LET ME GO landen) einige tage vorher spielen sie eine no-bullshit-version von „stella by starlight“, hübsch, klassisch, dann hört man jarrett: wäre schön, wenn das aufgenommen worden wäre, könnte man irgendwann mal auf einer cd mit einer 30-sekunden-pause davor drankleben, als eine art hidden track. und genauso wurde es dann hier gemacht.

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