Antwort auf: Literarische Begegnungen (Lesungen)

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ford-prefect
Feeling all right in the noise and the light

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Jens Balzer – ehem. Bäckerei Backfactory, Worms am Rhein, 23.9.2021

Im Rahmen des Pop Up Festivals gastierte Publizist Jens Balzer, der als freier Journalist für Die Zeit und den Rolling Stone schreibt, in einem Leerstand in der Wormser Fußgängerzone mit überschaubaren zwölf Besuchern. Balzer las aus seinem vor drei Monaten erschienenen Sachbuch „High Energy“ vor, das sich die 1980er Jahre als Pop- und Kulturjahrzehnt vorknöpft. „Ich schreibe mich durch die Jahrzehnte durch und betrachte: Wie schlug sich darin die Popkultur nieder? Wie zogen sich die Menschen an? Welche Filme haben sie geschaut?“, eröffnete Autor Jens Balzer, der bereits letztes Jahr in der Nibelungenstadt Worms am Rhein hätte lesen sollen, im Rahmen der Woche der Meinungsfreiheit. Anschließend klappte Balzer sein Sachbuch „High Energy“ auf und las mehrere Kapitel vor, in schnell sprechender Vortragsweise, fast atemlos. „Damit ihr einen Eindruck bekommt, wie der Sound des Buches ist“, erläuterte der 52-Jährige. Seine wohl geformten Formulierungen und scharfen Analysen sind überdurchschnittlich gut und herausragend … sonst würde er wohl nicht im altehrwürdigen Rowohlt-Verlag veröffentlichen.

Während seiner Lesung ging Jens Balzer auf die Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981 ein, wie 1980 in den Medien zum ersten Mal der Begriff „Multikulturalismus“ auftauchte, das Bildungsbürgerfernsehen von Alfred Biolek, der damals in seiner TV-Sendung „Bios Bahnhof“ eine türkische Gastarbeiterfamilie vorstellte, in der der Mann den Haushalt erledigte und die Frau arbeiten ging, wie man in der Sponti- und Autonomen-Szene psychedelisch farbenprächtige Batik-T-Shirts färbte, wie die Grünen und die Naturkostbewegung die vielseitig nutzbare Getreideart Dinkel wiederentdeckten. In diesem Zusammenhang erwähnte Balzer den dazu passenden Bap-Song „Müsli Män“ sowie das Lied „Zurück zum Beton“ von S.Y.P.H. … da musste ich eben erst mal googeln, wie man die mir unbekannte Band überhaupt schreibt.

Darüber hinaus ergründete der Schriftsteller die in den 1980er Jahren verbreiteten Jugendkulturgruppen Punker, Gothics, Popper und Yuppies. „Liegt der Popper tot im Keller, war der Punker wieder schneller“ oder „Warum die Zeit totschlagen, es gibt doch Popper“ seien damals umgangssprachliche Redewendungen gewesen. Dazu zitierte er die von Carola Rönneburg und Mathias Lorenz 1979 in Hamburg verfasste „Die Popper-Knigge“. Ferner warf Balzer den Song „Steh auf Berlin“ der Einstürzenden Neubauten von 1981 in die Runde, als auditives Beispiel für diese Dekade. Mir wäre ein Fokus deutlicher auf Musik lieber gewesen statt eine Abhandlung des ganzen Drumherums. Außerdem hätte Balzer einige Songbeispiele über einen Laptop abspielen können, worauf er jedoch gänzlich verzichtete. Dennoch war das eine sehr anregende Lesung, bei der man allerhand lernen konnte. Gegenwärtig schreibt Balzer an einem dritten letzten Band über die 1990er Jahre, wie er in einer anknüpfenden Frage-Antwort-Runde verriet, der wohl 2022 erscheinen wird.

 

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