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jesseblue
herr-rossiAber das Original klang doch auch wie absolut nichts, was zu der Zeit in den Charts stand. Der gigantische Erfolg hat doch alle kalt erwischt, da soll man nicht im Nachhinein so tun, als sei das eine kommerzielle „Nummer sicher“ gewesen.
Die Erzählung, sie hätte vor zwei Jahren mit ihrem Debüt die Chartskompatibilität gebrochen, halte ich für eine Mär. Eilish veröffentlicht(e) keine Töne, die abseits der Charts stattfanden und stattfinden. Wäre sie eine Blues-, Jazz- oder Soulmusikerin, könnte ich das Argument verstehen, aber ihre Musik speist sich hauptsächlich aus Zutaten, die vorrangig in den letzten 10 Jahren populär waren. Ganz egal, ob eine Blues-Progession und ein Jazz-angehauchter Gesang in dem ein oder anderen Stück herausgehört werden. Das Gewand ihrer Musik wird durch aktuelle Strömungen wie Pop, Electropop und R’n’B definiert. Da sind Måneskin für mich ein viel stärkerer Breaker als Eilish, wenngleich die Italiener auch nichts Neues spielen, doch zumindest fand ihre Art der Musik in den letzten Jahren im Mainstream überhaupt nicht statt. Eilish ist mir seit Ende 2018 ein Begriff. Und wer seit dieser Zeit ebenso registrierte, welch virtuelles Sein diese Person hat, darf doch nicht wirklich vom Erfolg ihrer Musik überrascht worden sein. Und wenn doch, wurde der Mechanismus, wie stark das Internet die Charts beeinflusst, unterschätzt. Dass Eilish eine große Nummer wird, war vor ihrem Debüt abzusehen. Deswegen bin ich weit davon entfernt, etwas Überraschendes und Sensationelles aus „Bad Guy“ zu stricken.
Bleib doch erstmal bei dem Song „Bad Guy“ auf den sich Rossi und die Posts oben bezogen: „Aber das Original klang doch auch wie absolut nichts, was zu der Zeit in den Charts stand.“ Welcher Chartsbreaker klang denn Ende der 2010er auch nur ansatzweise wie „Bad Guy“? Es ist kein Folk- oder Countrypop, kein contempory R&B, kein Rap, kein modern Soul, etc etc….schon von daher war es eine Überraschung, dass der schnell zum Ausgleich geschaffene ironische Einstieg in das Album solch ein Erfolg wurde.
Und wenn du meine Einlassung zum Unterschied Debut und „Happier Than Ever“ liest, sind die Manierismen des Debuts das Besondere, das Neuartige: eben die erratischen Unterbrechungen im Song, die Horrorsoundeffekte, die plötzlichen Abbrüche und Bass-Attacks etc. etc.. Kannst mir ja mal eine Debutrakete der letzten Jahre zeigen, deren Titel teils so erratisch geraten sind. Billie Eilish Musik von 2019 fand im Mainstream nicht statt. Elemente davon vielleicht, aber nicht als Gesamtkonzept. Dazu kommt der Gesangsstil von Eilish, den ich in den Charts bisher auch nicht so gehört hatte.
Wäre „Happier Than Ever“ das Debut gewesen, könnte ich dein Unverständnis schon eher nachvollziehen, weil sich hier die Besonderheiten subtiler abspielen, als auf dem Debut.
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