Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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motoerwolf

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Der Mörder des Klans (Prega il morto e ammazza il vivo, Giuseppe Vari, 1971)
Klaus Kinski spielt den Bandenchef Dan Hogan, der nach einem erfolgreichen Überfall mit seinen Leuten nach Mexiko in Sicherheit vor dem Gesetz fliehen will. John Webb (Paolo Casella) bietet sich als Führer an, verlangt aber dafür fünfzig Prozent der Beute. Bevor der Ritt losgeht, fallen noch ein paar Reisende den Schurken in die Hände, und auf beiden Seiten gibt es Tote. Spannungen gibt es nicht nur zwischen den Banditen und den Geiseln, sondern auch innerhalb der Räuberbande. Diese werden von Webb geschürt, und es wird immer deutlicher, dass es ihm nicht nur um Gold, sondern auch um eine Abrechnung geht. Unerwarteterweise findet er auf der Reise nach Süden unter den Geiseln auch noch die Liebe.
Das ganze ergibt einen ziemlich soliden Italowestern, der in seiner ersten Hälfte fast schon ein Kammerspiel ist und fast ausschließlich in einer Poststation spielt (Tarantino hat den Film in seiner Liste der besten Italowestern, vielleicht ist The Hateful Eight ein Stück weit von diesem Teil von Der Mörder des Klans inspiriert). Die zweite Hälfte dagegen zeigt vornehmlich karges Land, Berge und Wüste in glühender Hitze. Beide Teile sind spannend erzählt, Casella als harter Hund auf Rachemission ist gut besetzt. Ein paar Schwächen hat der Film freilich auch. So ist die Story letztlich nicht sehr originell, aber das empfinde ich als nicht so schlimm, wenn die Umsetzung stimmt. Und da hapert es an ein paar Stellen. Zum Beispiel ist der Vater der künftigen Braut des Helden ein typischer komischer alter Kauz mit einem bis zum Erbrechen wiederholten ‚lustigen‘ Fluch auf den Lippen. Kinski gibt zwar einen guten Schurken ab, driftet aber ab und zu in Richtung Selbstparodie ab. Genrefans könnten unter Umständen beklagen, dass es zu wenig harte Action gibt (was mich hier nicht stört). Unter dem Strich bleiben 7/10 Punkten.

Highway Racer (Poliziotto sprint, Stelvio Massi, 1977)
Poliziotto sprint ist kein typischer Vertreter der Poliziotteschi, auch wenn es sich um einen italienischen Polizeifilm aus den Siebzigern handelt. Er ist eher eine Blaupause für Filme wie The Fast and the Furious (2001) und handelt dem einem großspurigen Polizisten Palma, der sich selbst für einen begnadeten Fahrer hält, auch wenn er in der Realität mehrfach Unfälle baut und sich bei Verfolgungsjagden den Gangstern geschlagen geben muss. Sein Chef, selbst tatsächlich ein guter Fahrer und früher erfolgreicher Fahnder, sieht in dem jungen Palma dennoch Potential und bildet ihn aus, um ihn dann in eine Bande von Bankräubern einzuschleusen. Der Film ist eher eine Actionkomödie als ein Drama. Palma hat im Gegensatz zu den Helden anderer Poliziotteschi durchaus Rückendeckung von oben, und auch seine Gegner sind keineswegs die finsteren Schurken, die man sonst im Genre findet. Palma und der Chef der Bankräuber sehen sich letztlich auch nicht als Gegner auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes, sondern eher als Rivalen der auf die Straßen Roms verlegten Rennbahn. Im OmU auf Netflix zu sehen. Lohnt sich, bekommt von mir 7,5/10 Punkten.

Jack Reacher (Jack Reacher, Christopher McQuarrie, 2012)
Ein brauchbarer Actionfilm, dessen hervorstechendstes Merkmal wahrscheinlich seine Rückwärtsgewandheit ist. Tom Cruise gibt den Titelhelden, einen ehemaligen Militärpolizisten, besser als Ethan Hunt, einsamer als Rambo, cleverer als Sherlock Holmes. Das ist so übertrieben, dass es schon wieder gut ist. McQuarrie versteht es, den Unfug so rasant zu gestalten, dass man als Genrefreund durchaus zufrieden das Hirn ausschaltet und genießt, was geboten wird. 6/10 Punkten.

Jack Reacher: Kein Weg zurück (Jack Reacher: Never Go Back, Edward Zwick, 2016)
Die Fortsetzung ist weniger gelungen, weil das Konzept des Erstlings aufgegeben wird. Zwar ist Reacher immer noch ein Übermensch, aber der Fokus verschiebt sich von Über auf Mensch, da ihm hier so etwas wie eine Familie an die Seite gestellt wird. Der Film ist tatsächlich nur noch maximal durchschnittliche Actionkost und bekommt daher nur 4,5//10 Punkten.

James Bond 007 – Sag niemals nie (Never Say Never Again, Irvin Kershner, 1983)
Connery ist hier schon jenseits der Fünfzig und hat daher ein ähnliches Problem wie Moore in seinen letzten Bonds. Zu Beginn des Films wird das auch schön thematisiert, wenn Bond wieder auf Vordermann gebracht werden soll. Der Rest des Films ist dann eine mehr oder weniger überflüssige Neuverfilmung von Feuerball, den ich für gelungener halte. 4/10 Punkten

James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie (Tomorrow Never Dies, Roger Spottiswoode, 1997)
Brosnan gefällt mir in der Rolle des Bond immer noch ganz gut, und mit Michelle Yeoh hat er eine prima Partnerin. Dafür ist ihr Gegenspieler eher ein Witz. Seine Motivation, einen (Welt-)Krieg anzufangen ist völlig unglaubwürdig. Für mich hält sich der Film in etwa die Waage mit seinem Vorgänger und bekommt daher ebenfalls 4/10 Punkten.

Der Tag, an dem die Heuschrecken kamen (Locusts, Richard T. Heffron, 1974)
Ron Howard gibt einen jungen Mann, der 1943 wegen Feigheit unehrenhaft aus der Navy entlassen wurde, wo er als Pilot eingesetzt war. Zuhause auf der Farm in Montana erwartet ihn sein enttäuschter Vater (Ben Johnson) und eine Dorfgemeinschaft, die ihn ebenfalls ablehnt. Seine Freundin, seine Schwester und seine Mutter halten jedoch zu ihm, und schließlich beweist er sich im Kampf gegen eine Heuschreckenplage. Dieser TV-Film ist absolute Durchschnittsware, auch wenn ich Johnson wirklich gerne sehe. Ein Generationenkonflikt und eine Geschichte um Versagen und Bewährung ist nun wirklich wenig originell. Der genaue Ausgang des Films ist auch recht früh klar, und ab diesem Moment zieht sich der Film ein wenig, obwohl er nur 74 Minuten dauert. Für gelungen halte ich den Umstand, dass man hier gleichzeitig sowohl den Vater als auch den Sohn durchaus verstehen kann. Daher gebe ich wohlwollende 3/10 Punkten.

Am Marterpfahl der Sioux (Warpath, Byron Haskin, 1951)
Dieser Western macht ein wenig ratlos. Das ein Film von 1951 die 7. US-Kavallerie (und Custer) noch völlig unkritisch feiert ist kein Wunder. Dass jedoch die Schlacht am Little Big Horn thematisiert wird, diese aber komplett im Off stattfindet, ist schon ein eher ungewöhlicher Einfall, zumal der Zuschauer damit um einen eigentlich nahe liegenden Höhepunkt gebracht wird, auf den der Film zuzusteuern scheint. Andererseits ist das durchaus konsequent, denn letztlich sind die Kavallerie und die Indianerkriege nur der Hintergrund für eine private Rachegeschichte. Trotzdem sind einige der stärksten Sequenzen des Films solche, die tatsächlich Kriegshandlungen zeigen, die Suche des Helden nach den Mördern seiner Frau ist dagegen qualitativ etwas abfallend. Auch wirkt die obligatorische Liebesgeschichte ein wenig wie ein Fremdkörper. Trotzdem ein Film, den Westernfans sich mit Vergnügen ansehen werden, zumal er großartig fotografiert ist. Interessant ist auch die Darstellung der Sioux (übrigens echte Native Americans) in ihrem Verhältnis zu den Weißen, die für 1951 recht progressiv ist. 7,5/10 Punkten.

Revolver – Die perfekte Erpressung (Revolver, Sergio Sollima, 1973)
Vito Cipriani, der stellvertretende Direktor des Mailänder Gefängnisses, wird mit der Entführung seiner Frau un einer kurz darauf erfolgenden Erpressung konfrontiert. Er soll den Insassen Milo Ruiz fliehen lassen, wenn er seine Frau wiedersehen will. Zunächst denkt er, die Erpresser wären Ruiz Freunde, doch schnell stellt sich heraus, dass Ruiz ermordet werden soll. Ein gewaltiges politisches Komplott steht hinter der ganzen Geschichte… Sollimas Poliziottesco ist nahe an der Perfektion. Er ist spannend, verbindet Krimielemente mit einem Buddymovie, ist politisch klar links positioniert und gesellschaftskritisch und hat ein wirklich dramatisches Finale. Trotz seines Titels legt der Film auch sein Hauptaugenmerk nicht etwa auf Action und Gewalt, sondern beobachtet seine beiden Hauptfiguren und deren Entwicklung, die sie unter dem Druck der Ereignisse durchleben. Stark ist auch der Soundtrack von Ennio Morricone. Ich gebe 9,5/10 Punkten.

Zardoz (Zardoz, John Boorman, 1974)
Der Film hat mich nie interessiert, da ich nichts über ihn wusste und nur ein Bild von Connery in seinem seltsamen Kostüm kannte. Ohne darüber auch nur nachzudenken war der Film aufgrund des Bildes in meinem Kopf in der Trashecke abgelegt und lange aus meinem Blickfeld verschwunden. Jetzt bin ich froh, ihn bei der Ausstrahlung auf Arte zufällig gesehen zu haben. Psychedelisch, brutal, religionskritisch, sexualisiert, philosophisch, komisch und mit Beethoven unterlegt. Das Ergebnis ist in jedem Sinne phantastisch. Auch hier gebe ich mit 9,5/10 Punkten fast die volle Punktzahl.

Mission: Impossible – Fallout (Mission: Impossible – Fallout, Christopher McQuarrie, 2018)
Wie immer beim Team-Up von Cruise und McQuarrie gibt es handfeste und solide Actionkost zu sehen. Wenn man solche Filme mag, mag man auch diesen hier. Erstaunlich ist, dass der Film zwar völlig over the top ist, im Gegensatz zu beispielsweise den letzten Teilen der Fast & Furious-Reihe gar nicht so wirkt. 8/10 Punkten.

zuletzt geändert von motoerwolf

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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame