Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism … Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

#11442829  | PERMALINK

nicht_vom_forum

Registriert seit: 18.01.2009

Beiträge: 6,438

lathoIn meinen Augen hat sie recht mit der Analyse, dass die „Arbeiter“ keine „Arbeiterparteien“ mehr wählen, hat mit den Effekten der Bildungsrevolution in den 70ern zu tun – Abitur ist mittlerweile in der SPD-BT-Fraktion fast zu 100 % vorhanden, innenstädtisches Bürgertum herrscht vor, postmaterialistische Einstellungen etc.

Das ist aber nicht alles. Selbst Leute in klassischen Arbeiterberufen sehen sich ja inzwischen kaum noch als „Arbeiter“. Sobald die wirtschaftliche Lage gut genug für Familie, Haus, und Urlaub ist, lassen das Bewusstsein dafür, dass man immer noch stark fremdbestimmt ist und kollektiv mehr zu erreichen ist als individuell, und die Bereitschaft, sich für andere einzuschränken, stark nach. Außerdem vergrößert sich der Horizont und damit ändern sich ggf. die als relevant empfundenen Probleme. Der ökologische Fußabdruck einer Aldi-Avocado war eben in den 60ern auch noch kein Thema.

Wirkliche Aufstiegschance gibt es für die Unterschicht nicht mehr und das wird gerne zugunsten von Themen wie Gleichberechtigung von Schwarzen (in Deutschland) etc unter den Tisch gekehrt.

Ich sehe da einen Zusammenhang. M. E. ist das kein Zufall, sondern wird forciert. „Diversity“ kostet ein Unternehmen schließlich kein Geld – mit etwas Glück sind die neu eingestellten Frauen und PoC ja sogar billiger und, siehe Thatcher, noch skrupelloser – nicht unwahrscheinlich, wenn sie dieselben Institutionen durchlaufen haben. Echte Aufstiegsmöglichkeiten, z. B. mit der Abkehr von „flachen Hierarchien“ in großen Unternehmen, hätte dagegen unangenehme Auswirkungen auf den Gewinn. Von den Kosten von deutlichen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen bei den „Unterschicht“-relevanten Berufen (und verschiedenen anderen) ganz abgesehen.

Der langsam aufkommende, mir sehr willkommene Widerstand gegen die Critical-Whiteness- (und Trump-)Filterblasen scheint ja langsam an Fahrt zu gewinnen. In den USA trommelt die bei der Times im Streit gegangene Bari Weiss Truppen zusammen (sie selber kommt aus der rechts-liberalen, leicht zionistischen Ecke).

Bei den Kritikern von Identity Politics und Critical Whiteness scheinen mir aber auch verschiedene useful Idiots wie Thierse dabei zu sein, die dann wieder aus der Ecke von Tichy, AfD und Co. genutzt werden, um zu zeigen, dass das ganze Humanitätsgedusel rund um Flüchtlinge, Alltagsrassismus und -sexismus etc. jetzt „sogar SPD-Mitgliedern“ schon zu weit geht.

--

Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick