Antwort auf: Gun – Gun (1968)

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ediski

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Bei aller Sympathie für das Album, ein Meisterwerk ist es in meinen Ohren nicht. Zunächst einmal machen die beiden schlechtesten Tracks – darunter das 11-minütige „Take Off“ – schon mal 40 % der Spieldauer aus, was zu einem zeitbereinigten Wert von 4,42 beiträgt.

Außerdem leidet das gesamte Album unter einem teilweise scheppernden Sound, dem ich nur 3 bis 4 Sterne geben kann. Diese Produktionsprobleme mögen daran liegen, dass Bass, Gitarre und Schlagzeug im Studio für die damaligen Verhältnisse sehr laut aufgenommen wurden, wenn man den Worten des Melodie-Maker-Rezensenten Chris Welch in den LinerNotes auf der Coverrückseite der ersten deutschen Pressung Glauben schenken darf. Das darf aber keine Entschuldigung sein, weil andere Interpreten schon in den 1960er Jahren mit teilweise großen Besetzungen einen einwandfreien Klang hinbekommen haben.

Für das Album spricht auf jeden Fall die Abwechslung der Kompositionen und Arrangements. Leider wurde bei den Infos auf der LP ziemlich geschlampt. Das fängt schon bei der Angabe der Zeiten an, die bis zu anderthalb Minuten pro Track von der tatsächlichen Spieldauer abweichen können. Es gibt zudem keine präzisen Informationen darüber, wer welches Instrument spielt. Gun war ein Hard-Rock-Trio: Gitarre, Bass, Schlagzeug und beide Gurvitz-Bruder sangen. Chris Welch erwähnt zusätzlich  „Brass Sections“, „Violins“ und „Backing Voices“. Wer genau hinhört, erkennt auf der Album-Version der Single-B-Seite „Sunshine“ ganz rechts eine Hammond-Orgel, die auf der Single-Version komplett im Lärm verschwindet, und im klassisch beeinflussten Song „Rat Race“ glaube ich, zu Beginn sogar eine Harfe heraushören zu können. Ich habe keine Ahnung, wie die Band das zu dritt live auf der Bühne präsentiert hat, aber die ganzen Brass- und String-Elemente machen sicherlich einen wesentlichen Bestandteil des Sounds des Album aus. Alleine schon das Solo des Streichorchesters am Ende von „The Sad Saga of the Boy and the Bee“ zeigt, wie wichtig die Arrangements  sind.

Leider kann ich die historische Bedeutung des Albums nicht einwandfrei einordnen. Haben die Gurvitz-Brüder mit diesem Album innovative Arbeit geleistet oder gab es damals noch andere Rockbands, die klassische Instrumente  in ähnlicher Weise zu einem einheitlichen Sound verdichtet haben? Laut einer Notiz der Versandfirma Flash in den 1970er Jahren soll sich das Album weltweit hervorragend verkauft haben. Trotzdem kann man nicht behaupten, dass die Band über den Status eines One-Hit-Wonders hinausgekommen ist.  Vielleicht ändere ich ja noch mal meine Meinung, aber alles zusammengenommen bin ich momentan der Ansicht, dass ****1/2 eine angemessene Bewertung sind.

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