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jesseblueIch lese deine Einlassungen wirklich sehr gern. Vor allem auch, da du es wie ganz wenige schaffst, deine Meinung unaufdringlich und nachvollziehbar darzulegen. Selbst wenn mein Standpunkt ein anderer ist, bekomm ich nicht das Bedüfnis reingrätschen zu wollen.
Das Freut mich wirklich sehr, vielen Dank. Denn das ist auch eines der Ziele, die ich im Kopf habe.
Und natürlich schreibst du deine Beiträge auch in schönen Bildern. Ich kann dich und Gipetto durchaus verstehen. Und wir haben auch eine große Schnittmenge bei unseren Faves, denn nach Platz 20 enden meine Lieblinge nicht. Da mag ich mich kurz selbst zitieren, da ich meine, dass ein kurzer Gedankengang als erneute Erklärung, wieso ich „Run Run Run“ anders höre, noch einmal dienlich sein könnte: „[…] doch bin ich trotz der alternativen Ader einer gewissen Songdienlichkeit treu geblieben. Eine atonale Kompositionsweise ist demnach nicht zwangsläufig ein Argument für die Habenseite. Zumindest bei mir nicht. Weswegen der Krach bei „European Son“ bei mir komplett ins Leere läuft, die Darbietung bei „Sister Ray“ jedoch durchaus kickt und hypnotisiert.“
Ich ganz wichtiger Satz, finde ich. Weil er stimmt. Atonal an sich sagt ja noch gar nichts über die Wirkung und Qualität aus. Der Satz stimmt auch in die Gegenrichtung: Songdienlichkeit ist auch nicht zwangsläufig ein Argument auf der Habenseite. Was gut ist für den Song, ist eben manchmal nicht gut für seine Wirkung. Das ist vielleicht genau der Punkt: Am Ende muss, egal für welche Variante man sich entscheidet, eine Wirkung da sein. Wenn dafür der Song geschreddert gehört, auf eine Stunde ausgedehnt, auf 43 Sekunden gekürzt oder in eine wundervolle Laid-Back Atmosphäre überführt, dann soll man es gerne tun.
Der Noise auf den ersten beiden Velvet-Alben klingt zum Teil noch etwas unausgegoren, was eventuell auch daran liegen mag, dass die Velvets defnieren sollten und nicht zitierten.
Auch wieder ein schöner Satz. Wenn man Neuland betritt (wobei die Velvets ja auch ihre Vorbilder hatten), dann kann es kaum perfekt sein. Wobei ich die Velvet Underground in all ihren Ausschlägen in all ihre Richtungen nahezu immer perfekt fand, auch weil sie zwar die noisigen Richtungen dann jeweils durchzogen (atonales Gitarrensolo? Dann aber RICHTIG, Monsieur!), aber auch die samtigen Augenblicke in vollem Pelz auskosteten (und mit Sadomaso-Fantasien und Drogencharakteren auskleideten). Es wäre sehr langweilig gewesen, wenn sie nur Krach gemacht hätten. Sie hätten mit der sanften Seite alleine aber auch nicht den Stellenwert erreicht, den sie innehaben.
Und dem Lo-Fi-Charme, den du angesprochen hast, bin ich doch ebenso verfallen. Gerade das dritte Werk ist für mich das Sinnbild einer guten Lo-Fi-Platte, da hier das Lo-Fi, vor allem wegen den vermehrt ruhigeren Klängen, als Stilmittel wirkt. Und da mir deine Hörgewohnheiten auch nicht fremd sind, versteh ich es vollkommen, wieso beispielsweise „White Light/White Heat“ dich deutlich stärker als „Loaded“ anspricht. Aber wieso verschiedene Klänge gegeneinander ausspielen, wenn die Band es doch schaffte, die ganze Palette abzudecken.
So ist es. Mir haben eben die ersten drei VUs (+ 1969) Dinge vermittelt, die Loaded dann in ein anderes, mir vielleicht etwas zu ausgeglichenes Fahrwasser gebracht hat. Aber zweifellos eine sehr gute Platte.