Antwort auf: 27.12.2020

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wolfgang-doebeling
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Es gibt eigentlich nur zwei Personen, die in fertige Produktionen hineinpfuschen können bzw. hineinpfuschen lassen können. Dieselben zwei, die wohl auf Rache sannen, seit ich es auf Rat meines Anwalts ablehnte, ein NDA (non-disclosure agreement) zu unterschreiben.

Die Vorgeschichte ist bekannt: Corona-Lockdown im April – „Bleib zuhause, stay safe!“ – Roots „auf Eis“ – Ersatzprogramm wird installiert, dann etabliert – ich werde hingehalten und wiederholt belogen – Anfang September dann das Treffen, auf das ich monatelang gewartet hatte zum Thema Zukunft von Roots

Eine solche gibt es nicht, wird mir unverblümt mitgeteilt, weil ich mein Verfallsdatum bereits um mehr als 5 Jahre überschritten hätte. Es gäbe einen ARD-Beschluss wonach mit Vollendung des 65.Lebensjahres ein Schlussstrich unter Beschäftigungsverhältnisse zu ziehen sei und die Personalabteilung des RBB frage schon ständig nach, warum da immer noch einer seine Sendung fahre, den man doch längst hätte entsorgen können. „Sieh es mal so“, warb der Programmverantwortliche um mein Verständnis, „Du machst Deine Sendung jetzt schon 5 Jahre länger als erwünscht, das musst Du doch anerkennen.“ Allerdings sei nun aber Schluss. Meine Einwände (die Qualität/Bedeutung einer Sendung könne doch nicht am Lebensalter festgemacht werden, etc.) wurden mit viel Kopfnicken quittiert: „Alles richtig, niemand zweifelt an Stellenwert oder Gehalt Deiner Sendung, entscheidend ist Dein Alter“.

Man habe ein Ausstiegsszenario entworfen, das einen Kompromiss darstelle. Anstatt Roots sofort einzustellen, ließe man mich bis Jahresende weiter senden, unter einer Bedingung: ich müsse eine Erklärung unterschreiben, wonach das Aus auch ganz in meinem Sinne wäre. Wörtlich: „Wolfgang Doebeling hört zum Jahresende auf, das haben Radio Eins und Wolfgang Doebeling gemeinsam so beschlossen“. Oder „vereinbart“. Ich müsse über die Hintergründe und das Zustandekommen dieser Vereinbarung strengstes Stillschweigen bewahren, würde dann dafür aber zum Abschied groß gefeiert („Eine Ära geht zu Ende, die Legende Wolfgang Doebeling hört auf“, etc.), es würde medial mächtig Trara veranstaltet, ich müsse dann viele Interviews geben und würde gebührlich gewürdigt. Man hänge das dann richtig hoch, „wenn Du unterschreibst“.

Zum einen, sagte ich, läge mir nichts an einem solchen Abschiedsbrimborium, zum anderen wäre das eine Lüge. Einer solchen Erklärung läge ja keineswegs ein gemeinsamer Beschluss zugrunde, sondern ein einseitiger: friss oder stirb. Es folgten Wochen des verbalen Tauziehens, die verschiedensten Formulierungen wurden abgewogen, doch beharrte ich stets darauf, öffentlich nicht den Eindruck erwecken zu wollen, das Ende von Roots habe meinen Segen. Radio Eins bestand auf der „Gemeinsamkeit“ der Vereinbarung, ich „stellte mich quer“, so die Gegenseite verärgert. Die Quadratur des Kreises.

Die „Verhandlungen“ zogen sich nicht zuletzt deshalb hin, weil ich eine befreundete Kollegin ins Vertrauen zog. Was den Verhandlungsführer von Radio Eins über die Maßen erzürnte. Kurzum, er ersuchte die Justiziare des RBB, einen Vertrag aufzusetzen, den ich zu unterschreiben hätte, in dreifacher Ausführung, sonst würde Roots ohne weiteren Verzug eingestellt. Da die umstrittene Formulierung von wegen „gemeinsam so beschlossen“ noch immer enthalten war, hielt ich es für richtig, auch in Anbetracht der Machtdemonstration mit juristischem Wortgeklingel, selbst einen Anwalt hinzuzuziehen. Dieser war entsetzt darüber, was mir von öffentlich-rechtlicher Seite zugemutet wurde. Er nannte den Vertrag „erpresserisch“ und „sittenwidrig“. Derlei Knebelverträge würden in der neueren Rechtsprechung für gewöhnlich kassiert. Im Übrigen könne ich bei Anerkenntnis der Erklärung nur verlieren. Immerhin würde darin von mir eine außerordentliche Leistung gefordert, nämlich die absoluten Stillschweigens, während die „Gegenleistung“, nämlich die Erlaubnis, bis Jahresende meine Sendung zu produzieren, keine gesonderte Leistung sei, nur die Fortschreibung eines jahrzehntelangen Leistungsausgleichs (Produktion der Sendung gegen Bezahlung). Im Ergebnis wurde mir dringend geraten, diesen Vertrag nicht zu unterschreiben.

Tat ich dann auch nicht. Ich teilte das der Radio-Eins-Spitze mit, fügte aber ausdrücklich hinzu, dass ich bereit wäre, die Sendung weiterzuproduzieren. Auch hier folgte ich dem Rat meines Anwalts, der meinte, man könne mir einen Strick daraus drehen, würde ich meinerseits nicht weiter liefern. Damit würde ich der Gegenseite in die Karten spielen, so oder ähnlich drückte er es aus. Anyway, die Reaktion des Programmverantwortlichen bei Radio Eins war cholerisch und beleidigend, ich habe seither von ihm nichts mehr gehört.

Ich produzierte also weiter wöchentlich die Sendung, musste aber immer damit rechnen, dass sie nicht mehr gesendet würde. Das war ja die angedrohte Konsequenz, sollte ich mich weigern, die „gemeinsame“ Erklärung zu signieren. Auch sonst gab es in den letzten Monaten keinen Kontakt mehr zur Redaktion, lediglich Privatgespräche mit dortigen Kollegen. Und natürlich professionellen Austausch mit den Technikern des Schaltraums, die mir die Stange hielten, womöglich ja durchaus mit Billigung der Programmverantwortlichen. Ich fühlte mich jedenfalls bestätigt, richtig entschieden zu haben.

So hätte es zu einem Ende ohne Schrecken kommen können, ohne feierliche Würdigungen zwar, aber darauf legte ich wie gesagt eh keinen Wert. Auch das NDA-Junktim wäre bei aller Schändlichkeit im Bereich des überschaubaren persönlichen Umfelds geblieben. Wenn da nicht bei Radio Eins (mindestens) eine Person eigene Vorstellungen von Anstand und Würde gehabt und die Gelegenheit für Vergeltung genutzt hätte. ZENSUR! Wie tief muss man sinken, um den qua Hierarchie erworbenen Einfluss für fiese Manipulationen fertiger Sendungen zu missbrauchen, ohne Rückfrage, ohne Rücksicht? Bilde sich jeder seine eigene Meinung. Nur zur Erinnerung: zensiert wurde
1. meine Anmerkung zur depperten Rockerrente: „Heilige Einfalt!“. Daneben auch gleich die gesamte Eingangsmoderation, wohl weil das für den Zensor/die Zensorin so einfacher war.
2. meine Reminiszenz an die Anfänge von Radio Eins, das mit der Hypothek mangelhafter finanzieller Ausstattung an den Start ging und sich technisch zeitkonform digital aufstellte mit schnöden Alibi-Plattenspielern, was Roots nicht verhinderte, aber auf externe Studios verwies, zuerst im HdR, dann beim DLR.
3. mein beiläufiges Bedauern über die nachlassende Qualität des Musikangebots in letzter Zeit.
4. schließlich die bloße Erwähnung von Corona nebst Folgen für Roots ganz am Ende: ich würde dazu keinen Kommentar abgeben, sagte ich. Bereits das war der Person mit der Schere offenbar zuviel.

And to add insult to injury: you can’t always get what you want! Der pure Hohn.

Meine erste Reaktion, ich gebe es zu, war: fuck you, too! Inzwischen sehe ich ein, dass es früher oder später so weit kommen musste, in Kenntnis der personalpolitischen Vorgaben des Senders und der dort stellvertretend agierenden Personen, die sich fachlich wie menschlich überfordert zeigten. Auch habe ich inzwischen mit ehemaligen Kollegen gesprochen, denen man auch den Stuhl vor die Tür setzte, vor Jahren schon. „Kommt mir alles sehr bekannt vor“, sagte einer, ein anderer assistierte: „Da wird viel unter den Teppich gekehrt“. Einmalig sei indes der zensorische Eingriff in eine Sendung aus niederen Motiven.

Ob dieser Skandal einmalig bleibt? Man möchte es hoffen. Letztlich kommt es darauf an, wie damit umgegangen wird, welche Konsequenzen gezogen werden. Entschuldigt hat sich noch niemand. Nicht einmal das.

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