Antwort auf: 27.12.2020

Startseite Foren Das Radio-Forum Roots. Mit Wolfgang Doebeling 27.12.2020 Antwort auf: 27.12.2020

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bullitt

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wolfgang-doebelingGehn’se mit, gehn’se mit, gehn’se mit der Zeit… Euer Kopfzerbrechen um die Zukunft von Roots in Ehren, aber jetzt wird es albern. Ich habe mich bisher immer so fern von allem Digitalismus gehalten wie möglich, wenn es um Musik ging. Und schon in den 80ern meinten mich wohlmeinende Kollegen darauf hinweisen zu müssen, dass das nun doch die 80er seien und die Schallplatte dem baldigen Tode geweiht. …– 21.Jahrhundert. Podcasts sind das Ding, Geplapper im Internet, wahlweise mit oder ohne Musik. Anscheinend wie Böhmermann und Schulz. Letzterer Name sagt mir garnichts, von ersterem weiß ich immerhin, dass er Boris Johnson imitiert hat, indem er ein lustiges Schmähgedicht über Erdogan verfasste. Einen Fernseher besitze ich schon seit vielen Jahren nicht mehr, mithin weiß ich nicht, welche anderen Meriten dieser Böhmermann haben könnte. Was ich aber weiß, ist, dass ein solches Podcast-Konzept mit dem Roots-Konzept nicht in Einklang zu bringen ist. Da könnte ich genausogut Influencer bei YouTube werden, meine Schallplatten in die Kamera halten und marktschreierisch zum Kauf derselben aufrufen. Bestimmt hätte ich bald mehr als 100 Follower, ach was, mehr als 150. Das wäre überdies ein hübscher Zeitvertreib für den Lebensabend und ich bliebe forever hip.

Da gehen jetzt ein paar Sachen durcheinander. Der „Vinyl ist nicht mehr zeitgemäß“-Quark ging hier nicht von mir aus und hat mit Podcasts auch rein gar nichts zu tun. Keine Ahnung, was das jetzt hier zu suchen hatte. Was aber (ganz offenbar) nicht mehr zeitgemäß ist, sind fundierte Musiksendungen im Radio.

Und denken in UKW-Reichweite auch nicht. Das Beispiel Schulz und Böhmermann hatte ich nur gebracht, weil sie sonntags ja quasi vor Roots liefen, dann eben auch zunächst eher unfreiwillig abwandern mussten und dabei ganz sicher nicht – wie hier vermutet – an Reichweite eingebüßt haben. Aber natürlich verbuche ich das nicht unter Musik-Podcasts!

Als Modell für einen Roots-Podcast schwebten mit vielmehr meist englischsprachige Formate wie Broken Record, Sound Opinion, Tape Op oder Cocaine & Rhinestones vor. Als ambitioniertes deutschsprachiges Projekt fällt mir nur Reflektor von Jan Müller ein. Da wäre also noch jede Menge Luft. Das ist alles jedenfalls deutlich mehr als „Geplapper im Internet“, hat nichts mit Influencern auf YouTube zu tun und es wird auch nicht mit Likes und Followern hausiert. Im Gegenteil, so viel Raum und Tiefe konnte zuvor noch kein Format bieten.

Roots wurde doch auch längst von einem großen Teil der Hörer gestreamt und in seiner abrufbaren Version auf der Website war das seit Jahren nichts anderes als ein Podcast. Insofern verstehe ich das Problem und den „Digitalismus“-Einwand  nicht so ganz. Klar, über Musik zu reden ist natürlich was ganz anderes als primär Musik zu spielen, aber es ist ja nicht so, dass du nichts zu erzählen hättest. Könnte ja eine Art Epilog zu Roots sein. „Roots Liner Notes“ in zwei, drei Staffeln, ein Mal im Monat und die Show wird Sonntags um 23 Uhr gedroppt. Sorry für das Brainstorming, aber ich fänd so ein Format jedenfalls klasse.

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