Startseite › Foren › Das Radio-Forum › Roots. Mit Wolfgang Doebeling › 27.12.2020 › Antwort auf: 27.12.2020
Gehn’se mit, gehn’se mit, gehn’se mit der Zeit…
Euer Kopfzerbrechen um die Zukunft von Roots in Ehren, aber jetzt wird es albern. Ich habe mich bisher immer so fern von allem Digitalismus gehalten wie möglich, wenn es um Musik ging. Und schon in den 80ern meinten mich wohlmeinende Kollegen darauf hinweisen zu müssen, dass das nun doch die 80er seien und die Schallplatte dem baldigen Tode geweiht. Was machst Du denn in 5 Jahren, fragten sie 1987, wenn kein Mensch mehr Schallplatten hört? Dann wird auch die Technik in den Funkhäusern komplett auf CDs umgestellt. Mit Neil Young hatte ich mal ein längeres Gespräch über das Thema (ausschnittweise nachzulesen im RS, im RC und anderswo). Er war sich absolut sicher, dass es nie so weit kommen würde, weil die anspruchsvolleren Hörer, die dem „Brainwashing“ der Industrie Widerstand entgegensetzen und der Analogie den Vorzug geben, nicht einfach aussterben würden. Die Schallplatte, prophezeite er, würde es noch geben, lange nachdem die CD ihren wohlverdienten Platz im Museum, Abteilung minderwertige Tonträger, eingenommen hätte.
Und nun also die Forderung nach Anpassung an die (über)nächste Generation medialer Unterhaltungsknüller im – Potzblitz! – 21.Jahrhundert. Podcasts sind das Ding, Geplapper im Internet, wahlweise mit oder ohne Musik. Anscheinend wie Böhmermann und Schulz. Letzterer Name sagt mir garnichts, von ersterem weiß ich immerhin, dass er Boris Johnson imitiert hat, indem er ein lustiges Schmähgedicht über Erdogan verfasste. Einen Fernseher besitze ich schon seit vielen Jahren nicht mehr, mithin weiß ich nicht, welche anderen Meriten dieser Böhmermann haben könnte. Was ich aber weiß, ist, dass ein solches Podcast-Konzept mit dem Roots-Konzept nicht in Einklang zu bringen ist. Da könnte ich genausogut Influencer bei YouTube werden, meine Schallplatten in die Kamera halten und marktschreierisch zum Kauf derselben aufrufen. Bestimmt hätte ich bald mehr als 100 Follower, ach was, mehr als 150. Das wäre überdies ein hübscher Zeitvertreib für den Lebensabend und ich bliebe forever hip.
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