Antwort auf: John Coltrane

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vorgarten

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klassisches quartett, studio-aufnahmen 1965: JOHN COLTRANE QUARTET PLAYS, TRANSITION, LIVING SPACE, SUN SHIP, FIRST MEDITATIONS.

die 7 monate nach A LOVE SUPREME, verdichtete zeit, dazwischen liegen noch half note, die zweite session mit haynes, newport, eine kurze europa-tour, ASCENSION. für mich kein einfaches material. QUARTET PLAYS macht sich noch einen spaß mit den zwischen die neuen akkorde rauf- und runtergejagten motiven aus LOVE SUPREME, aber es gibt auch schon den „song of praise“, der nicht mehr so genau weiß, wo er hin will, und das etwas etüdenhaft-sportliche „one down, one up“. coltrane will plötzlich von 0 auf hundert in einem schritt sein, nichts mehr entwickeln, überblasen, sofortiger climax. elvin jones gerät ins knüppeln, später finde ich ihn fast ratlos, er katapultiert sich raus aus der musik. auch tyner verliert irgendwann die balance zwischen den kraftakkorden und den ausschwärmenden einzelnoten, hämmert mit der linken stur drauflos. erratisch geraten für mich das meiste von TRANSITION und LIVING SPACE, wo ich eine reizvolle verdunkelung der musik ausmache, aber gleichzeitig auch was unsubtiles, gewaltsames. das fängt sich wieder, in den rubato-balladen, dann in den neuen religiösen suiten, meditationen, sonnenschiffen… tyner arpeggiert, umkreist tonale kraftfelder, hört mit dem hämmern auf (alice coltrane muss da sehr genau zugehört haben), coltrane findet neue abgründe in melodien („dearly beloved“, „serenity“) und wieder spaß an der motivarbeit, ab ASCENSION wird er dann zum echten free-spieler, der neue sounds sucht, sonorisch neue räume aufstößt (das ende von „serenity“). SUN SHIP ist ein störrisches teil auf diesem weg, FIRST MEDITATIONS eine letzte übung, das alles im quartett zusammenzubinden. garrison scheint mir durchgängig den check zu haben, er hört zu und findet die ganze zeit aufregende kürzel, wird darin selbstständig (wie er z.b. auf „joy“ coltranes changes einfach nicht mehr mitspielt), hat seinen weg als erster gefunden. rashied ali schon auf den SUN-SHIP-sessions, mit tyner zusammen, hätte mich interessiert. beim pianisten hört sich das für mich so an, als hätte er auch weitermachen können, aber das sah er wohl anders. wie sich das wohl anfühlt, wenn einem die musik, in der man lebt, langsam enteilt, fremd wird. richtig überzeugt bin ich von keinem der alben, aber das genaue hinhören bei SUN SHIP war ein tolles erlebnis. bisher das album, das bei mir am meisten gewachsen ist, abgesehen vom ellington-duo.

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